Beinahe tote Rote Flora: Lampedusa als Lockvogel

Mit juristischen Tricks versucht Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer doch noch privaten Profit aus dem autonomen Kulturzentrum zu ziehen.

Die Flora, wie Klausmartin Kretschmer sie gern hätte. Bild: Kretsch

Er gibt nicht auf: Klausmartin Kretschmer, Eigentümer der Roten Flora am Schulterblatt hat angekündigt, den vorige Woche von der Bezirksversammlung Altona einstimmig beschlossenen und nach seiner Auffassung krass rechtswidrigen Bebauungsplan Sternschanze 7 zeitnah einem Normenkontrollverfahren zu unterziehen.

Der Bebauungsplan sieht vor, dass der Flora-Komplex nicht abgerissen oder wesentlich umgebaut werden darf und dauerhaft Stadtteilkulturzentrum bleiben soll. Er durchläuft derzeit eine letzte Rechtsprüfung, wird aber voraussichtlich um die Jahreswende Rechtskraft erlangen.

Zudem beantragte Kretschmer beim Bezirk die „private Nutzung“ des Gebäudes, um es „wirtschaftlich sinnvoll nutzen zu können“. Die Bezirksversammlung hatte hingegen eine Gemeinbedarfsausweisung der Flora-Bebauung in dem neuen Bebauungsplan festgeschrieben. Demnach darf dort keine kommerzielle Nutzung stattfinden, kein Profit erwirtschaftet werden.

Der Bebauungsplan Sternschanze 7 legt die Nutzung der Roten Flora fest und erhebt bauliche Beschränkungen für ihr Umfeld. Dort werden Bordelle, Sexshops, aber auch Tankstellen ausgeschlossen. Der Florapark wird als Grünfläche festgeschrieben.

Weil sein Eigentum als Gemeinbedarfsfläche ausgewiesen wird, hat Kretschmer ein Übernahmerecht durch die Stadt zum Verkehrswert, der auf etwa 800.000 Euro geschätzt wird. Ein Gutachten der Liegenschaft soll Klarheit über den genauen Wert bringen.

Rund 13 Millionen gefordert hatte hingegen Kretschmer. 2001 hatte er die Flora von der Stadt für 370.000 Mark gekauft und zugesagt, er verbinde damit keine wirtschaftlichen Interessen.

Das Bezirksamt Altona will Kretschmers juristisches Feuerwerk unter Hinweis auf das „laufende Verfahren“ nicht kommentieren, verweist aber darauf, dass die Prüfung seines Bauvorbescheids noch eine Weile in Anspruch nehmen werde. Der stellvertretende Vorsitzende der Altonaer CDU-Fraktion, Sven Hielscher, ist hingegen sicher, dass der gerade beschlossene Bebauungsplan juristisch kaum anfechtbar ist, da könne Kretschmer „sich zu Tode klagen“. Hielscher verweist darauf, das Kretschmers Konzerthaus-Pläne weder nach dem alten noch nach dem neuen Baurecht genehmigungsfähig wäre – und schon gar nicht nach dem Vertrag, den Kretschmer 2001 mit der Stadt geschlossen hat.

Kretschmers Partner Gert Baer hat im Rahmen eines Bauvorbescheidsantrages neue Pläne vorgelegt, wie er und Kretschmer sich die Fassade des „Flora Stadtteilkultur- und Veranstaltungszentrums – ehemals ,Rote Flora‘ genannt“ vorstellen: Als fünfstöckigen Klotz, in den die Flora-Fassade integriert ist. Nach den Plänen, die mit dem beschlossenen Bebauungsplan unvereinbar sind, soll ein Veranstaltungssaal für 1.500 bis 2.500 Besucher sowie Büro- und Einzelhandelsflächen entstehen.

Diese will Kretschmer nach eigenen Angaben zusammen mit einem US-amerikanischen Investor errichten. Baer teilte außerdem mit, dass Kretschmer sich durchaus auch vorstellen könne, die Rote Flora so umzubauen, dass vorübergehend Flüchtlinge, „auch aus Lampedusa“, eine Bleibe erhielten – was für Hielscher nur wieder „ein typisches Lockvogelangebot aus dem Hause Kretschmer“ ist.

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