Beratung für Opfer von Menschenhandel: „Es braucht Mut, um sich Hilfe zu suchen“

In Königs Wusterhausen gibt es eine neue Koordinierungsstelle für betroffene Frauen. Ihre Angebote werden gut angenommen.

Die im vergangenen Oktober gegründete Koordinierungsstelle für von Menschenhandel betroffene Frauen in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) wird nach Einschätzung von Experten gut angenommen. Träger der Einrichtung ist der international organisierte katholische Frauenverband In Via.

„Die Einrichtung arbeitet mit der gesamten landesweiten Infrastruktur zusammen, die mit dem Thema Menschenhandel irgendwie konfrontiert ist“, sagte die Gleichstellungsbeauftragte des Landes Brandenburg, Friederike Haase. „Polizei, Staatsanwaltschaft, Schwangerschaftsberatungen, Frauenhäuser und Streetworker sind in der Koordinierungsstelle eng vernetzt.“

Bislang hätten sich bereits etwa 30 Frauen gemeldet. „Aber der Schritt aus dem Schattendasein heraus ist sehr schwer. Es braucht viel Mut, um das eigene Problem als solches zu erkennen und sich Hilfe zu suchen“, schilderte Haase. „Die Entwicklung ist daher durchaus als Erfolg zu werten.“

Viele Opfer, die sich an die Einrichtung wenden, stammen laut Haase aus Bulgarien, Ungarn und Rumänien. Es seien jedoch auch Deutsche betroffen, die, in Abhängigkeit gezwungen, sexuell ausgebeutet werden. „Die oft grausamen Geschichten sind absolut individuell“, berichtete Haase. „Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, das Vertrauen der betroffenen Frauen zu gewinnen. Das Thema ist sensibel.“

Der Kreislauf aus Gewalt und Bedrohung versetze die Frauen in ständige Angst. Dabei seien die Aufgaben der Koordinierungsstelle so unterschiedlich, wie es die hilfesuchenden Frauen selbst sind. „Im Vordergrund unserer Arbeit steht die Sicherung der Grundbedürfnisse“, sagte die Gleichstellungsbeauftragte. Die Angebote reichten vom Beistand bei rechtlichen Regelungen zu Aufenthalt und Finanzen über die psychische Stabilisierung der Frauen bis hin zur Unterstützung, wenn sie Strafanzeigen gegen die Täter stellen möchten.

„Für die Frauen ist es ein schwerer und langer Weg. Effektive Problemlösungen können in den meisten Fällen erst nach etwa einem Jahr erreicht werden“, betonte Haase. Umso mehr werde auf ein stabiles Netzwerk aus Verbündeten im Kampf gegen den internationalen Menschenhandel gesetzt. So nehmen Frauenhäuser die Opfer in Notsituationen auf, die Polizei gebe zudem Hinweise, wenn sie Prostituierte auf dem Straßenstrich aufgreife. „Auch die Bevölkerung muss hinsehen“, forderte Haase. „Wer in seiner Nachbarschaft den Verdacht hat, etwas könne nicht stimmen, kann unsere Beratungsstelle in Königs Wusterhausen informieren. Die Kollegen dort können dann einschätzen, ob und wann welche weiteren Schritte einzuleiten sind.“

Das Bundeskriminalamt (BKA) weist für das Jahr 2010 bundesweit 610 Opfer von Menschenhandel aus, davon 67 in der Region Berlin-Brandenburg. „Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer viel höher liegt“, befürchtete Haase. (dpa)

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