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Bergbaugeschäfte in der DR KongoDas Lithium-Phantom

Viele verdienen am Lithium von Manono, ohne dass gefördert wird – jetzt wollen die USA einsteigen. Eine Recherche über Profiteure in der DR Kongo.

In der Bergbaukonzession von Manono. Die Abraumhalden des früheren Zinnbergbaus am Horizont enthalten Lithium Foto: Jack Wolf

London/Berlin taz | Entscheidet der Zugriff auf Mineralien über den Krieg in der Demokratischen Republik Kongo?„Wir bekommen für die Vereinigten Staaten viele Mineralienrechte von Kongo“, sagte Trump kurz vor der Unterzeichnung des neuesten Friedensabkommens zwischen Ruanda und der DR Kongo am 27. Juni in Washington. Die beiden Regierungen versprechen darin, dass sie „mineralische Lieferketten risikofrei gestalten und mineralische Wertschöpfungsketten formalisieren, die beide Länder partnerschaftlich und in angemessener Form an die US-Regierung und US-Investoren binden“.

Ein großes US-Interesse an Kongos Mineralien richtet sich aktuell auf die Lithiumreserven von Manono in der ostkongolesischen Provinz Tanganyika, angeblich die größten noch nicht erschlossenen Lithiumvorkommen der Welt. Seit fast einem Jahrzehnt ist Manono im Zentrum harter Rivalitäten.

Nun will das US-Start-up KoBold Metals, gefördert von den Milliardären Jeff Bezos und Bill Gates, gemeinsam mit dem Bergbaumulti Rio Tinto Fakten schaffen. KoBold schloss am 6. Mai eine unverbindliche Vereinbarung mit der australischen Firma AVZ Minerals zum Kauf von deren bestehenden Manono-Interessen.

Doch so einfach ist das nicht.

Die Chinesen sind schon da

Denn nicht AVZ ist in Manono aktiv, sondern die chinesische Bergbaufirma Zijin, die eine Partnerschaft mit der kongolesischen Staatsfirma ­Cominière geschlossen hat. Kongos Regierung annullierte die AVZ-Lizenzen in Manono im Jahr 2023. Während in Washington Trumps Deal unterschrieben wurde, traf eine Delegation aus China in Manono erste Vereinbarungen mit den lokalen Behörden.

Zijin hatte zuvor gesagt, es plane mit der Aufnahme der Förderung im Jahr 2026. Das war, bevor ein internationales Schiedsgericht im März 2025 den Zijin-Partner Cominière – also Kongos Staat – zur Rückgabe der Bergbaurechte an AVZ und zu 39,1 Millionen Euro Entschädigung plus Zinsen verurteilte.

Indem mehrere Firmen Ansprüche geltend machen, wird das Schicksal von Manono möglicherweise zu einem Konfliktfaktor. Schon im Februar, als die M23-Rebellen im Osten der DR Kongo auf dem Vormarsch waren, schien es, als könnte der Krieg den Lithiumgebieten nahe rücken. Damals war an einem Baum im Stadtzentrum von Manono ein angeblich von den Rebellen stammender Zettel zu sehen, der die Regierungstruppen aufforderte, ihre Waffen niederzulegen. Die Echtheit dieser Botschaft war nicht zu überprüfen.

Das Geschäftsmodell: Profit ohne Produktion

AVZ Minerals war im September 2016 in Manono eingestiegen, damals mit dem Deutschen Klaus Eckhof als Geschäftsführer. AVZ erwarb zwei Explora­tions­lizenzen vom in Dubai ansässigen Unternehmen Medidoc FZE. Wenige Monate später kaufte sich AVZ in ein separates Joint Venture für eine benachbarte Lithium-Bergbaukonzessionen ein, dessen Mehrheitseigner die Firma Dathomir Mining Resources war.

Dathomirs Geschäftsführer war der Chinese Cong Maohuai, Medidocs Manager war Andreas Reitmeier, beides alte Geschäftspartner Eckhofs. Nach fünf Jahren zog sich AVZ wieder aus Manono zurück, ohne irgendwelches Lithium aus der Erde geholt zu haben.

Kongos Regierung entzog AVZ die Rechte.

Für Eckhof und Cong war das trotzdem äußerst einträglich. Sie verdienten mehrere Millionen US-Dollar an Bergbaudeals – Eckhof über Beraterverträge und Aktien, Cong ebenfalls über Aktien und Bonuszahlungen. Eckhof hat seit der Gründung der DR Kongo im Jahr 1997 über 17 Bergbaufirmen oder deren Tochterfirmen in dem Land geleitet, gemanagt oder an ihnen Anteile gehalten. Nur vier davon haben je Mineralien produziert: Alphamin Resources, Moku Goldmines, Moto Gold Mines und United Cominière SAS. Die anderen haben ohne produktive Tätigkeit Einnahmen generiert. Wie war das möglich?

Gute Beziehungen sind ein Teil der Antwort. 2011 gründete Eckhofs Schweizer Firma Ferro Swiss AG (später Moku Goldmines AG) zusammen mit der kongolesischen Staatsfirma Sokimo (Société des Mines d’Or de Kilo-Moto), der historisch die gigantischen Goldvorkommen der nordostkongolesischen Provinz Ituri gehörten, die Bergbaugesellscahft SMB (Société Minière de Moku-Beverendi). Bezeugt wurde die Firmengründung vom kongolesischen Juristen Guy Loando.

Loando ist heute Mitglied des kongolesischen Senats und Staatsminister für Regionalplanung. Er war auch ein nicht geschäftsführender Direktor von AVZ und Anteilseigner in einer anderen Eckhof-Firma, Panex Resources, deren nicht geschäftsführender Direktor Eckhofs chinesischer Partner Cong war. Minister Loandos Ehefrau besitzt die Bergbaufirma Future Mining Company, die mit einer weiteren Eckhof-Firma, AJN Resources, ein Joint Venture gegründet hat und zwei Bergbaukonzessionen in Manono hält.

Ein weiterer wertvoller kongolesischer Bekannter Eckhofs ist Jean-Felix Mupande, bis 2022 Leiter des kongolesischen Bergbaukatasteramts CAMI, das für die Registrierung von Bergbaurechten zuständig ist und Anträge auf Mineralexplorationsrechte entgegennimmt, prüft und an das Bergbauministerium zur Genehmigung weiterleitet; der erste Anwärter erhält vom Ministerium den Zuschlag.

Alphamin Resources, wo Eckhof zwischen November 2013 und Februar 2014 Direktor war, erhielt in Manono zwei Konzessionen – Eckhof sagt, er sei nicht involviert gewesen. Im Juni 2014 schrieb Alphamin diese Konzessionen als „wertlos“ ab. Im September 2016 verkaufte allerdings die in den Vereinigten Arabischen Emiraten registrierte Medidoc FZE sie für 200.000 US-Dollar und 30 Millionen Aktien an Eckhofs AVZ.

Reitmeier sagt der taz, dass Alphamin die Genehmigungen als wertlos abgeschrieben habe und daher „Medidoc die Möglichkeit hatte, die Lizenzen zu übernehmen, ohne Alphamin zu entschädigen“. Mupande erklärt: „Medidoc FZE war niemals Inhaber der Genehmigungen“ und stellt klar, dass Alphamin Resources durch eine Namensänderung zu AVZ Minerals geworden sei. Eckhof sagt, Alphamin habe seine Lizenzgebühren nicht bezahlt: „Wir boten an, die Gebühren zu zahlen, und vereinbarten, dass Alphamin uns die Lizenzen überträgt.“

Die Geschäftemacher: Einnahmen in Millionenhöhe

Eckhof hat mit allen wechselnden Regierungen der DR Kongo Geschäfte gemacht. Als Investor, der dort einsteigt, wo andere zögern, haben er sowie Cong in den vergangenen 25 Jahren über 30 Bergbaufirmen geführt oder in ihnen Anteile gehalten. Im August 2024 besaßen diese Unternehmen 58 Bergbaulizenzen, darunter 43 Explorationslizenzen und 15 Bergbaulizenzen. In einem 50-Kilometer-Umkreis von Manono halten fünf Unternehmen, die in jüngerer Zeit von Eckhof und seinen Partnern Maohuai und Loando oder von Firmen in ihrem Umfeld geführt worden sind, Rechte an über 1.220 Quadratkilometern.

Eckhofs AVZ war eines der ersten Unternehmen in Manono. AVZ wurde ausgebootet, nicht aber Eckhof. Heute sind die Player im Lithium von Manono die kanadische Tantalex Lithium Resources, bis Juni 2023 von Eckhof geführt, und Manono Lithium, das Joint Venture des chinesischen Bergbaugiganten Zijin und der kongolesischen Staatsfirme Cominière.

Als Direktor oder Geschäftsführer von zwei Firmen mit Interessen in Manono zwischen 2016 und 2024 hat Eckhof Einnahmen im Wert von mindestens 5 Millionen US-Dollar in Aktien und Beraterhonoraren erzielt. Bei AVZ verdiente er von 2014 bis 2018 über 490.000 US-Dollar in Beraterhonoraren und über 4,6 Millionen US-Dollar beim Verkauf von ungefähr der Hälfte seiner Anteile kurz vor seinem Rückzug.

2022 erhielt Eckhof Tantalex-Anteile im Wert von über 230.000 US-Dollar in seinem ersten Jahr bei der Firma. Als er nach etwas über einem Jahr Tantalex wieder verließ, hielt er 700.000 Aktienzuteilungen (Restricted Stock Units) im Wert von mehr als 65.000 US-Dollar, dazu 2 Millionen Aktienoptionen im Wert von über 186.000 US-Dollar. Tantalex veröffentlicht keine Informationen über die Höhe seiner gemeinschaftlichen Investitionen in Manono.

Auch der Chinese Cong hat an AVZ und Tantalex verdient: AVZ zahlte seiner Firma Dathomir über 6,75 Millionen US-Dollar und 260 Millionen Aktien im Wert von 4,94 Millionen US-Dollar. Monate bevor Eckhof dem Vorstand von Tantalex beitrat, ging das Unternehmen ein Joint Venture mit einer anderen Cong-Firma, Minor, und einer kongolesischen Staatsfirma ein. Minor erhielt 4,5 Millionen US-Dollar und 55 Millionen Aktien. Tantalex erhielt wenig später eine weitere Bergbaulizenz in Manono.

In der Zwischenzeit wurde die ehemalige AVZ-Konzession in Manono aufgeteilt. Eckhofs AJN Resources bewarb sich 2022 um den Nordteil. Im Erfolgsfall, das geht aus AJN-Dokumenten hervor, hätte Eckhof eine Provision von 10 Prozent kassiert – für ein Gebiet, das er zuvor schon zweimal „entdeckt“ hatte, erst für Alphamin und dann für AVZ. Die Lizenz ging schließlich nicht an AJN, sondern an Manono Lithium.

Hunderte Kilometer weiter nördlich erwarb die Firma Rome Resources – Direktor Mark Gasson, Eckhof-Anteil 18 Prozent – das Unternehmen Medidoc RD Congo, ein weiteres von Gasson geführtes Unternehmen im Besitz von Andreas Reitmeier. Medidoc RD Congo hielt zusammen mit der Firma IDI (Investissement et Développement Immobilier), im Besitz von Familienangehörigen des CAMI-Chefs Mupande, einen Mehrheitsanteil an der Explora­tions­genehmigung für das Gebiet „Bisie North“, das an die Alphamin-Zinnminen von Bisie anschließt. Rome Resources führt inzwischen Explorationsarbeiten in „Bisie North“ durch. Bisie liegt nahe der Kriegsfront zu den M23-Rebellen.

Loando und Maohuai antworteten nicht auf taz-Anfrage. Mupande sagte der taz, kein Gesetz in der DR Kongo verbiete Familienangehörigen von Staatsbediensteten den Besitz von Bergbaukonzessionen. Reitmeier erklärte, er habe niemals Kontakt mit Mupande gehabt.

Eckhof erklärte der taz, dass AJN die Konzession in Manono nicht mehr wolle, „da Lithium jetzt mehr oder weniger wertlos ist“. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Unternehmen kommen und gehen. Aber „eines der Probleme ist, dass Europa nicht Teil des Explorationsgeschäfts ist, da das Kapital fehlt“.

Vor-Ort-Effekt: Der Profit kommt nicht an

Im August 2023 erhielt Kongos Bergbaukataster CAMI einen neuen Leiter: Paul Mabolia, ehemaliger Leiter des Kimberley-Prozesses in der DR Kongo, der den Diamantenhandel von „Blutdiamanten“ freihalten soll. Unter Mabolia scheint CAMI das kongolesisch-chinesische Joint Venture Manono Lithium aus Zijin und Cominière zu favorisieren. Es ist jetzt in Manono präsent: die 650 Kilometer lange Straßenverbindung in Katangas größte Stadt Lubumbashi wurde renoviert, die Lkw-Fahrt dauert nur noch zwei Tage statt wie zuvor einen Monat. Eine Tochtergesellschaft stellt die Stromversorgung wieder her.

All dies weckt große Hoffnungen, zugleich schießen die Preise für Land, Häuser und Lebensmittel in die Höhe. „Bis jetzt gab es nur Forschung und den Verkauf von Bergbauparzellen, wobei Millionen von Dollar zwischen den einzelnen Personen verschwanden. Weder die Staatskasse noch die lokale Bevölkerung haben davon profitiert“, sagt Abbé Moise Kiluba in Manono im Rückblick auf die zehn Jahre seit der Ankunft von AVZ und die drei Jahre seit der Übernahme durch Manono Lithium.

„Eckhof hat sich über die Jahre einen Namen damit gemacht, kongolesische Bergbaureserven von Weltklasse früher zu identifizieren als jeder andere“, sagt Gregory Mtehmbu Salter von Phuzumoya Consulting. „Keines der Lithium-Projekte in Manono wirft derzeit Geld ab. Aber Eckhof und zweifellos auch Cong Maohuai haben gut daran verdient, erst einzusteigen und dann wieder auszusteigen, jeweils im richtigen Moment. Manono und das Land insgesamt hat davon bisher kaum etwas.“

Der Text entstand im Rechercheprojekt „The Lithium Diaries“ des Recherchekollektivs The Rock Pool, gefördert von Journalism Fund Europe, Netzwerk Recherche und der gemeinnützigen Umwelt-Förderorganisation Olin gGmbH. Übersetzung und Mitarbeit: Dominic Johnson

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