Bericht über Kriegsverbrechen in Sri Lanka: Nichts als ein Persilschein für die Armee

Amnesty International kritisiert einen Zwischenbericht über mögliche Kriegsverbrechen in Sri Lanka. Er sei lückenhaft und diene der Vertuschung.

Ein Soldat patrouilliert in Colombo. Normalität herrscht in Sri Lanka zweieinhalb Jahre nach dem Krieg noch nicht. Bild: reuters

BERLIN taz | "Auf allen Ebenen lückenhaft" sei die Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen der srilankischen Armee durch eine Regierungskommission. So urteilt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI).

Bevor der Abschlussbericht der "Kommission für gelernte Lektionen und Versöhnung" (LLRC) im November veröffentlicht wird, zerpflückte AI deren eben erschienenen Zwischenbericht. "Die Regierung von Sri Lanka hat zwei Jahre lang die LLRC als Trumpfkarte eingesetzt, um eine unabhängige Untersuchung abzuwehren", sagte der AI-Direktor für Asien und den Pazifikraum, Sam Zarifi, Mittwoch bei der Präsentation des AI-Berichts "Wann wird ihnen Gerechtigkeit zuteil?"

Die Regierung von Präsident Mahinda Rajapakse, die im Mai 2009 den fast 30-jährigen Bürgerkrieg mit der Vernichtung der Rebellenorganisation Tamil Tigers (LTTE) beendete, weist alle Vorwürfe, in der letzten Kriegsphase hätte die Armee keine Rücksicht auf tamilische Zivilisten genommen, entrüstet zurück. Eine unabhängige Aufarbeitung der dramatischen Ereignisse im Norden des Landes lässt sie aber nicht zu. Auch die UNO durfte nicht hinein.

Die taz konnte damals Puleedevan Kumar, den Sprecher des politischen Flügels der LTTE, im letzten Rückzugsgebiet der Rebellen telefonisch erreichen. Er kapitulierte wenig später mit den letzten Überlebenden und wurde mit der weißen Fahne in der Hand erschossen. Ein Video, das die Exekution unbewaffneter Tamilen dokumentiert, wurde von der Regierung als Fälschung abgetan.

Die LLRC nahm im August 2010 ihre Arbeit auf und interviewte vor allem Armeeoffiziere und Soldaten. Auch Kriegsvertriebene wurden angehört. Ein UN-Bericht spricht von tausenden in der letzten Phase des Krieges getöteten Zivilisten, die meisten durch Artilleriebeschuss der Armee. Auch Spitäler, UN-Einrichtungen und Rot-Kreuz-Schiffe seien gezielt beschossen worden. Der LTTE wirft der Bericht vor, sie habe die Zivilbevölkerung als Schutzschild missbraucht und Kinder rekrutiert.

Normalität herrscht in Sri Lanka auch zweieinhalb Jahre nach dem Krieg, der rund 100.000 Leben gekostet hat, noch nicht. Die in Washington ansässige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch appellierte an die Regierung in Colombo, Sondergesetze, die willkürliche Festnahmen erlauben, aufzuheben und tausende Gefangene - fast alle aus der tamilischen Minderheit - freizulassen. Auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustands Anfang September erlauben diese Gesetze, dass Verdächtige fast unbeschränkt festgehalten werden.

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