Bericht zum weltweiten Waffenhandel: Exportschlager Knarre

Der globale Handel mit Rüstungsgütern wächst. Deutschland bleibt größter Waffenexporteur der EU – wurde aber weltweit von China überholt.

Waffen gehen immer. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Die Boomjahre der deutschen Waffenschmieden scheinen erst einmal der Vergangenheit anzugehören. Deutschland ist zwar nach wie vor größter Waffenexporteur der EU, hat aber den dritten Platz im globalen Ranking an China verloren. Mit einem Minus von 43 Prozent – Gesamt-EU minus 16 Prozent – sackten die deutschen Rüstungsausfuhren in der Periode von 2010 bis 2014 deutlicher ab als bei allen führenden Waffenexportländern.

Doch weil die Auftragsbücher im letzten Jahr wieder durch bedeutende Bestellungen aus dem Nahen Osten und Nordafrika und speziell für Marinefahrzeuge und Panzer neu gefüllt werden konnten, könnte die Talsohle durchschritten sein.

Das geht aus dem jährlichen „Waffentransfer-Trendbericht“ hervor, den das Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag in Stockholm veröffentlicht. Um stabilere Daten für den auf Jahresbasis oft stark schwankenden Waffenhandel liefern zu können, veröffentlicht Sipri Fünfjahresübersichten. Für die vergangene Period errechnet man so eine Steigerung der globalen Waffentransfers um 16 Prozent gegenüber dem Zeitraum 2005–2009.

Vor allem die „großen drei“ – die USA, Russland und China – haben ihre Verkäufe überdurchschnittlich ausgebaut. Bei den USA gab es ein Plus von 23 Prozent, Russland konnte seine Exporte sogar um 37 Prozent steigern. Beide Länder werden aber von China mit einem Plus von 143 Prozent klar in den Schatten gestellt.

Trotz dieses relativen Wachstumssprungs liegt der Anteil Chinas am weltweiten Waffenhandel mit rund fünf Prozent nicht wesentlich über dem Deutschlands oder Frankreichs und Großbritanniens – den fünft- und sechstgrößten Exportländer. Die USA führen hier mit 31 Prozent (plus zwei Prozent) vor Russland (27 Prozent, plus fünf Prozent). Diese beiden Länder konnten ihren gemeinsamen Anteil am globalen Waffenexportgeschäft von 56 auf 58 Prozent ausbauen. Zusammen stehen die „Top Five“ für fast drei Viertel aller Rüstungsexporte.

Waffenkäufe vervierfacht

Auffallendste Entwicklung: die Golfstaaten haben ihre Einfuhren um 71 Prozent gesteigert. An der Spitze steht Saudi-Arabien, dessen Waffenkäufe sich im letzten Fünfjahreszeitraum vervierfachten. Das Land gibt mittlerweile fast zehn Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für das Militär aus. Für das Gesundheitswesen sind es vergleichsweise nur 3,2 Prozent. Führt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Riad in der Fünfjahresperiode bis 2014 noch als weltweit zweitgrößten Waffenkäufer, hat Saudi-Arabien tatsächlich bereits im vergangenen Jahr Indien als größtes Waffeneinfuhrland abgelöst.

Es sind vor allem Waffen aus den USA und aus Europa, mit denen die Golf-Länder ihr Militär modernisiert haben“, sagt der Sipri-Analytiker Pieter D. Wezeman: Und bereits abgeschlossene neue Verträge würden diese Tendenz verstetigen. Von den EU-Ländern war neben Großbritannien – 40 Prozent der britischen Waffenexporte gingen zwischen 2010 und 2014 nach Saudi-Arabien – und Frankreich auch Deutschland maßgeblich an der Aufrüstung Riads beteiligt: Für deutsche Waffenschmieden war das Land zuletzt sechstwichtigster Kunde.

Wezeman sieht diese „ungerechtfertigte und wenig hilfreiche“ regionale Aufrüstungsspirale, die vor allem „aus Bedrohungswahrnehmungen“ vor dem Iran getrieben sei, sehr kritisch: Werde die Golfregion weiterhin derart mit Waffen überschwemmt, anstatt „dass der Versuch gemacht wird, diese Staaten von einem Rüstungskontrollprogramm zu überzeugen, riskiert man wirklich, dass die Situation dort aus dem Ruder läuft“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.