Berlin Energie-Chef prescht vor: Das Stromnetz soll es bringen

Um die Energiewende voranzubringen, sollte das Land Berlin sein Stromnetz selbst übernehmen, sagt der Chef der landeseigenen Berlin Energie, Wolfgang Neldner.

Wolfgang Neldner ist überzeugt: Ein kommunales Stromnetz, das bringt's! Bild: dpa

Was hat das Stromnetz mit der Energiewende zu tun? Nichts, sagen Kritiker der in Berlin derzeit umkämpften Rekommunalisierung des Netzes. Sie sagen: Ein Netzbetreiber ist neutraler Akteur ohne Einfluss darauf, welche Rolle Strom etwa aus klimaschädlicher Kohle künftig spielen wird. „Ein eigenes Stromnetz bringt den Berliner Bürgern weder sinkende Strompreise noch grüneren Strom“, behauptete zuletzt der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Berlin, Jan Eder.

Vehementer Widerspruch kommt nun von Wolfgang Neldner, seit Mai Chef des neu gegründeten Landesunternehmens Berlin Energie. Das besteht bisher aus wenigen mehr als dem Stromnetz-Fachmann Neldner selbst und soll die Rekommunalisierung verwirklichen, Vattenfall ablösen und dann zum landeseigenen Stromnetzbetreiber Berlins wachsen. „Es geht dabei um nichts weniger als die Umsetzung der Energiewende“, sagt Neldner im taz-Interview (siehe Seite 23). Berlin könne dabei weiter unbeteiligt zusehen – oder es könne die Entwicklung mit gestalten. „Ich bin dafür, dass wir sie mit gestalten.“ Dafür will er Berlin Energie zum „transparentesten Verteilnetzbetreiber Deutschlands“ machen. „Dass ein Netz mit der Energiewende nichts zu tun hat, ist eben nur aus einem sehr isolierten Blickwinkel heraus richtig“, sagt Neldner.

Berlin Energie soll bis 2015 das Gas- und bis 2016 das Stromnetz zurück unter Kontrolle des Landes bringen. Dafür hat sich das bei Umweltsenator Michael Müller (SPD) angesiedelte Unternehmen um die Konzessionen beworben. Diese vergibt die Verwaltung von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) in einem Wettbewerbsverfahren; sie darf dabei keinen Bewerber bevorzugen oder benachteiligen. Es gewinnt, wer das beste Angebot für eine sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Versorgung macht.

Auch der Energie-Volksentscheid am 3. November kann den Ausgang dieses Wettbewerbs nicht beeinflussen. Es soll aber den Bürgerwillen zur Rekommunalisierung zum Ausdruck und deren Gegner in den Reihen der Koalition zum Schweigen bringen. Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) etwa hat mehrfach scharf gegen die Bewerbung von Berlin Energie geschossen, indem sie bekräftigte, die Netze in Händen Privater belassen zu wollen.

Im Rennen um das Gasnetz sind neben Berlin Energie noch der derzeitige Betreiber Gasag und der holländische Kommunalkonzern Alliander. Möglich ist auch eine Zusammenarbeit mehrerer Bewerber. Die Entscheidung wird bis Mitte nächsten Jahres dauern. Bewerber um das Stromnetz sind Berlin Energie, Alliander und Vattenfall. Denkbar ist auch hier eine Kooperation, für eine solche haben sich die Stadtwerke-Gruppe Thüga und die Genossenschaft BürgerEnergie Berlin beworben.

Genossenschaft als Partner

Für eine Zusammenarbeit mit Letzterer sei er „sehr, sehr offen“, sagt Neldner. Aber zunächst wolle Berlin Energie den alleinigen Zuschlag erhalten. So soll sichergestellt werden, dass künftig die Gewinne ans Land fließen. 146,9 Millionen Euro verdiente allein die Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin GmbH laut Geschäftsbericht im vorigen Jahr. Ihr Ergebnis 2012 lag deutlich über dem durchschnittlichen Gewinn der vergangenen sechs Jahre: 48,2 Millionen. Künftig solle dieses Geld Jahr für Jahr in den Landeshaushalt fließen, sagte Neldner – „so, wie gleichzeitig dem Land das Vermögen des Netzes zufließt“.

Mit diesem Argument wirbt allerdings auch der Berliner Energietisch für seinen Volksentscheid. Das Bündnis befürchtet, Yzer und die CDU könnten die Bewerbung Berlins torpedieren, indem sie politische Entscheidungen, die Berlin Energie betreffen, verzögern. „Die CDU hat mehrfach betont, dass ihr weder Stadtwerk noch Stromnetz in Berliner Hand eine Herzensangelegenheit sind“, sagte Energietisch-Sprecher Stefan Taschner der taz. „Wer ein Stadtwerk und einen städtischen Netzbetreiber will, der muss beim Volksentscheid mit Ja stimmen – denn dieser Regierung ist nicht zu trauen.“ Gelingt der Entscheid, so bedeutet dies, dass Berlin Energie nach dem Konzept des Energietisches aufgebaut würde – unter anderem mit direkt gewählten Bürgern im Aufsichtsgremium des Unternehmens.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.