Berlin führt "Burkini" ein: Muslima verhüllt ins Hallenbad

Im Westen nichts Neues, in Berlin schon: schwimmende Muslima im Badeanzug. Jetzt zieht Berlin nach: Sportsenator Körting und die Berliner Bäderbetriebe erlauben den "Burkini".

Muslima in Burkini: Dieser Ganzkörper-Badeanzug ist in Berliner Bädern jetzt erlaubt - surfen nicht. Bild: ap

BERLIN AP/taz Auf den ersten Blick wirkt er nicht wie ein Badeanzug: Mit langen Ärmeln und Beinen, Kapuze und Tunika verhüllt der so genannte Burkini die Schwimmerin komplett. Für manch gläubige Muslimin aber ist er das einzige Kleidungsstück, mit dem sie sorglos ins Wasser gehen kann. In Berliner Hallenbädern wird der Burkini - eine Wortschöpfung aus Burka und Bikini - jetzt erstmals probeweise zugelassen.

Ohne großes Aufsehen genehmigte Sportsenator Ehrhart Körting Ende des Jahres einen zunächst bis Sommer befristeten Versuch. Damit folgte der SPD-Politiker der Praxis in anderen westlichen Bundesländern. Der Vorstandsvorsitzende der Berliner Bäder-Betriebe, Klaus Lipinsky, sagte, es gebe keine vernünftigen Gründe, den Burkini nicht zuzulassen: "Wir sind eine multikulturelle Stadt, hier ist ein bisschen Toleranz gegenüber Andersgläubigen gefragt."

Körting sieht das kritischer. Zwar sei die Zulassung des Burkinis eine Integrationsmaßnahme. Gleichzeitig dürfe sie nicht dazu führen, dass Frauen dazu gezwungen würden, diese Ganzkörper-Badebekleidung statt eines normalen Badeanzugs zu tragen. Aus Lipinskys Sicht aber werden die Nachteile schon dann aufgewogen, wenn auch nur ein paar muslimische Mädchen infolgedessen schwimmen lernten. Bislang sei der Burkini kein Thema gewesen, heißt es bei den Bäderbetrieben weiter. Doch Musliminnen hätten versucht, mit Kleidung ins Wasser zu gehen. Das aber sei aus Gründen der Hygiene und der Sicherheit nicht erlaubt. Baumwollkleidung zum Beispiel sauge sich voll und werde schwer. Das könne gefährlich sein.

Erfunden wurde der Burkini von einer Tochter libanesischer Einwanderer in Australien, der es wenig Spaß machte, in ihrer Burka ins Wasser zu steigen, denn diese wurde vollgesogen schwer wie Blei. Inzwischen tragen den Burkini in Australien sogar Rettungsschwimmerinnen. Auch in der Türkei und Ägypten ist er schon lange auf dem Markt.

In Berlin setzte sich Nele Abdallah für die Zulassung in Schwimmbädern ein, die die vierteiligen Anzüge über ihre Firma Dressed To Swim vertreibt. Dort gibt es Modelle aus Polyester und Elasthan in verschiedenen Farben und Mustern ab rund 70 Euro. Andere Internetseiten bieten "Slim Fit"-, "Modest Fit"- und "Active Fit"- Schnitte an, je nachdem wie sehr sie die Silhouette des Körpers verschleiern.

In Berlin wird der Burkini nun probeweise zunächst in zwei Berliner Hallenbädern zugelassen und das nur während der Frauenschwimmzeiten. Stichprobenartig sollen die Bademeisterinnen kontrollieren, ob es sich tatsächlich um einen Badeanzug handelt und nicht um Straßenkleider oder gewöhnliche Sportbekleidung. Mit einem Blick festzustellen ist das oft nicht. Einige Marken-Burkinis haben zwar aufgenähte Typenschilder, andere kann man nur erkennen, indem man das Gewebe anfasst. Das weibliche Personal soll sich stichprobenartig auch davon überzeugen, dass die Schwimmerin keine Unterwäsche trägt. Hält sie sich nicht an die Vorschriften, kann sie des Bades verwiesen werden.

Verläuft der Pilotversuch erfolgreich, soll der Burkini in der Sommersaison auch in den Berliner Freibädern zugelassen werden. Lipinsky zeigte sich sicher, dass die neuartige Badebekleidung über kurz oder lang auch von den nichtmuslimischen Schwimmbad-Besuchern akzeptiert wird, auch wenn er am Anfang vielleicht Diskussionen auslöst. In den Niederlanden ist das nicht in allen Städten der Fall. In Zwolle wurde zwei Frauen in Burkini der Zugang zum Schwimmbad verwehrt. Die Begründung: Andere Besucher sähen die Ganz-Körper-Schwimmbekleidung nicht gerne.

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