Berlinale-Wettbewerbsfilm „Genius“: Richtig trostlos

Der mit dem Rotstift die Sätze killt: „Genius“ von Michael Grandage hat einen Lektor als Helden. So geht aufgeblasenes Bildungskino.

zwei Männer stehen zwischen zwei Zügen

Der Lektor und sein Dichter: Colin Firth und Jude Law in „Genius“. Foto: Marc Brenner © Pinewood Films

Es gibt wahrscheinlich viele Gründe dafür, dass es im Kino mehr Helden mit dem Beruf des Auftragskillers gibt als mit dem des Lektors. Ein ziemlich überzeugender besteht darin, dass das Rotstiftanlegen einfach nicht so viel hermacht. Selbst wenn es Oscar-Preisträger Colin Firth persönlich ist, der hier schwungvoll ganze Sätze aus einem Manuskript streicht – eine richtig aufregende Szene wird daraus nicht, geschweige denn ein spannender Film.

Was kann schon schiefgehen, wenn man einen Film macht, der von wichtigen und klugen Männern handelt, mag sich der britische Theaterregisseur Michael Grandage gefragt haben. In seinem ersten Kinofilm geht es um die Zusammenarbeit des Schriftstellers Thomas Wolfe (Jude Law) mit seinem Lektor Maxwell Perkins (Firth). Man sieht „Genius“ (auch der Titel zeugt ja schon von einem gewissen von Selbstbewusstsein) tatsächlich vom ersten Bild an an, dass er sich auf der sicheren Seite vermutet, nämlich dort, wo große Geistesgeschichte als Männerfreundschaft geschrieben wird.

17. 2., 9.30 Uhr, Haus der Berliner Festspiele; 15.30 Uhr, Friedrichstadtpalast; 20. 2., 18.15 Uhr, Haus der Berliner Festspiele; 21.02., 9:30 Uhr, Friedrichstadtpalast

Leider verstärkt das nur das Ressentiment, das man ebenso vom ersten Moment an gegen diesen Film empfindet. Einerseits nämlich wird gönnerhaft all den Ungebildeten kurz erklärt, wer dieser von Firth gespielte Perkins ist, indem die Kamera die Bücherwand in seinem Büro abfährt, wo Fitzgeralds Bücher neben denen von Hemingway stehen. Und andererseits müssen die Gebildeten Szenen glauben wie der, dass Wolfe zusammen mit Perkins seine Manuskriptseiten im Stehen und Gehen auf New Yorks Straßen und Bahnhöfen redigierte.

Obwohl Letzteres, eine Art „Walk and Talk“-Lösung, um die Textarbeit etwas aktionsreicher erschienen zu lassen, noch zu den originellen Seiten dieses ansonsten durch und durch einfallslosen Films zählt.

Geschenkt, dass die Frauenrollen klischeehafter nicht sein könnten (Laura Linney als nachsichtige Gattin, Nicole Kidman als neurotische Geliebte). Wenn uns Grandage nur wenigstens erspart hätte, Dominic West als Hemingway, Schnauzbart und Fischfang inklusive, auftreten zu lassen. Da kann auch der Hinweis nicht trösten, dass „Genius“ nur wegen der Stars auf dem roten Teppich in den Wettbewerb der Berlinale geladen wurde.

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