Berliner Initiative Moabit hilft: Flüchtlingshelfer suchen Asyl

Die Initiative Moabit hilft soll ihre Räume an der Turmstraße verlassen. Ersatz ist nicht in Sicht. Für die Gruppe bricht damit die Basis ihrer Arbeit weg.

Diana Henniges von Moabit hilft

„Wir wollen unabhängig bleiben“: Diana Henniges von Moabit hilft in ihrem Büro Foto: dpa

Der Initiative für Flüchtlingshilfe Moabit hilft (MH) sieht sich grundlegend in ihrer Arbeit bedroht. Ende April läuft das Nutzungsrecht für ihre Beratungs- und Versorgungsstelle im Haus D auf dem alten Lageso-Gelände in der Turmstraße aus. „Wenn wir das Haus aufgeben müssen, bricht ein großer Teil unserer Basisarbeit weg“, sagte Diana Henniges aus dem MH-Vorstand am Dienstag. „Wir haben mehrfach das Gespräch mit Politik und Verwaltung gesucht und ein Konzept vorgestellt, doch die Verantwortlichen vertrösten uns seit Monaten.“

Deshalb wandten sich die ehrenamtlichen FlüchtlingshelferInnen direkt an Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke), fordern nun öffentlich eine Lösung und rufen zur Unterstützung auf. „LAF und Senat wollen Haus D räumen – wir bleiben!“, verkündeten sie am Montag über die sozialen Netzwerke.

Moabit hilft nutzt die Räume in Haus D auf dem Gelände des Landesamts für Gesundheit und Soziales in Moabit seit Oktober 2015. Dort beraten sie Flüchtlinge, lagern Spenden und geben Kleider, Hygieneartikel und Haushaltsartikel aus. In einem hinteren Raum haben sie ein Büro. Lange befanden sie sich damit in unmittelbarer Nähe zur zentralen Anlaufstelle für Flüchtlinge in der Turmstraße, dem Lageso. Seit August 2016 befindet sich dort auch ein Teil des LAF – des neu gegründeten Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten. Doch wenn im Mai die Leistungsstelle und die sozialen Dienste des LAF in die Darwinstraße nach Charlottenburg umziehen, soll auch Moabit hilft die Räume an der Turmstraße verlassen.

„Auch wenn sich die Situation auf dem Gelände verändert hat, suchen uns nach wie vor täglich bis zu 60 Geflüchtete auf, um ihre Probleme zu besprechen“, sagte Henniges. „Wir sind ein weit bekannter Anlaufpunkt, auch andere Initiativen schicken Menschen zu uns.“

Wo andere wegen sprachlicher Probleme nicht weiterkämen, wären bei ihnen immer genügend Sprachmittler anwesend. „Wir wollen endlich verbindliche Aussagen bekommen. Bisher ist vieles angeschnitten, aber nichts umgesetzt worden“, sagte Henniges. Die freiwilligen HelferInnen würden weiterhin nicht auf Augenhöhe von Verwaltung und Politik anerkannt. „Es sollte einen regelmäßigen runden Tisch und Gespräche mit den Initiativen geben, doch auch da passiert nichts.“

Die Verantwortlichen suggerierten, dass inzwischen alles gut laufe und hätten das Bestreben, die Probleme zu verstecken. Doch immer noch gebe es viele Missstände: mangelhaft ausgestattete Unterkünfte, Probleme bei der Gesundheitsversorgung und bei der Wohnungsvermittlung, ungesetzliche Leistungskürzungen.

„Wir wollen sie nicht räumen“, sagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach. „Moabit hilft macht eine sehr gute Arbeit, ich will sie als dauerhafte Beratung und Betreuung für geflüchtete Menschen. Daher versuchen wir jetzt, eine Lösung zu finden.“ Da das Gebäude der BIM, der Berliner Immobilienmanagement GmbH gehöre, werde sie sich mit Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) abstimmen. Die BIM will das Gebäude erst mal sanieren, da sie es nur als Notlösung überlassen hatten, zeigte sich aber für Gespräche offen.

Sozialsenatorin Elke Breitenbach

„Ich will sie dauerhaft als Beratung für Geflüchtete“

Die 2013 gegründete Initiative Moabit hilft entwickelte sich im Sommer 2015 zum zentralen Ansprechpartner für die Belange der Flüchtlinge, die damals zu Zehntausenden nach Berlin kamen. Das für ihre Aufnahme zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) wurde international zu einem Symbol für staatliches Versagen, da es die chaotischen Zustände nicht in den Griff bekam, unter denen Flüchtlinge teils tagelang warten mussten, um Zugang zu einer Grund- und Notversorgung zu bekommen. Es waren die Freiwilligen von Moabit hilft, die Spenden organisierten, Wasser, Essen und Kleider verteilten und private Schlafplätze organisierten. Die Initiative wuchs seither, ist aber weiterhin rein spenden­finanziert. (usch)

Am neuen LAF-Standort an der Darwinstraße möchte die Senatsverwaltung eine unabhängige Sozialberatung für Flüchtlinge einrichten. Dafür können sich auch Freiwilligeninitiativen bewerben. Da dies aber eine bezahlte Fachstelle werden soll, komme es für Moa­bit hilft nicht infrage, sagte Henniges. „Wir wollen unabhängig bleiben. Wir fordern einen Raum in der Darwinstraße für ehrenamtliche Beratung, denn sonst gibt es das an gar keinem LAF-Standort mehr.“

Henniges bezweifelt auch, dass ein einzelner Raum in der Darwinstraße ein adäquater Ersatz für Haus D wäre: Wenn Moabit hilft dort wirklich rausmüsse, bräuchten sie alternative Räumlichkeiten.

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