Berliner Schulen: Brennpunkt Quereinstieg

In Schulen in Neukölln und Mitte ist der Anteil von Lehrkräften ohne Berufsausbildung besonders hoch.

Unterricht im Haifischbecken? Die Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli in Neukölln, wo diese Collage entstand, geriet 2006 wegen ihres Gewaltproblems in die Schlagzeilen Foto: Maja Hitij/ dpa

Ausgebildete Fachkräfte sind eine rare Ressource auf dem Berliner Lehrkräftemarkt. Und offenbar gehen die begehrten Fachkräfte nicht gerade mit Enthusiasmus an die sogenannten Brennpunktschulen – sondern überlassen diesen Job lieber den immer zahlreicher werdenden QuereinsteigerInnen ohne Berufsausbildung. Das legt eine noch unveröffentlichte Antwort der Bildungsverwaltung auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz nahe, die der taz vorliegt.

Demnach hat in Mitte und Neukölln von den bis Stichtag 1. November neu eingestellten LehrerInnen mehr als jede vierte Lehrkraft ihren Beruf nicht studiert. In Pankow und Steglitz-Zehlendorf gilt das dagegen nur für etwa jede sechste der Neueinstellungen. Berlinweit waren rund 22 Prozent der 2.635 zuletzt neu eingestellten Lehrkräfte QuereinsteigerInnen.

Auch wenn die Zahlen noch nicht dramatisch weit auseinanderklaffen, sei da dennoch eine Tendenz feststellbar, findet Burkert-Eulitz: „Die Schulen, die vielleicht schon massive Probleme haben, haben unter Umständen auch viele Quereinsteiger.“ Mitte und Neukölln sind in den einschlägigen Negativstatistiken über SchulabbrecherInnen, geschwänzte Stunden und Schulgewalt stets auf die ersten Plätze abonniert.

Finanziert ist im Haushalt auch eine „Brennpunktzulage“

Nun solle es nicht darum gehen, QuereinsteigerInnen an sich schlechtzureden, betont auch Grünen-Bildungspolitikerin Burkert-Eulitz. „Aber es ist auch klar, dass wir sie besser für ihre Aufgaben qualifizieren müssen“ – insbesondere, wenn sie vermehrt an Schulen arbeiteten, wo die potenziellen Herausforderungen besonders groß sind.

Tatsächlich hat Rot-Rot-Grün im aktuellen Doppelhaushalt bereits entsprechende Maßnahmen finanziert. Unter anderem müssen QuereinsteigerInnen künftig weniger unterrichten, damit sie mehr Zeit für das berufsbegleitende Referendariat haben. Bevor sie zum ersten Mal allein vor der Klasse stehen, sollen sie einen einmonatigen Crashkurs bekommen. Selbst die CDU begrüßte von der Oppositionsbank das rund 60 Millionen Euro teure „Qualitätspaket“ Quereinstieg „aus ganzem Herzen“.

Diskussionsbedarf an anderer Stelle gibt es aber offenbar zwischen den Koalitionspartnern. Finanziert ist im Haushalt mit rund 8,6 Millionen Euro pro Jahr auch eine „Brennpunktzulage“. Voll ausgebildete Lehrkräfte an diesen Schulen sollen entweder einen Gehaltsbonus bekommen oder aber weniger Stunden unterrichten müssen – Genaueres wird noch verhandelt. Die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Maja Lasić, sprach sich gegenüber der taz für eine Stundenreduzierung aus. „Eine relativ neue Idee der SPD“ nennt Burkert-Eulitz hingegen den Brennpunktbonus und warnt: „Eine Stundenreduzierung heißt, wir brauchen mehr Fachkräfte, die wir aber kaum haben.“ Immerhin: Stellt man dann QuereinsteigerInnen ein, sind die zumindest top qualifiziert.

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