Berliner Wasserbetriebe: Wie flüssig solls denn sein?

Die BWB-Rekommunalisierung gefährdet den Koalitionsfrieden: Die CDU will die privaten Anteile nur kaufen, wenn der Wasserpreis sinkt. Die SPD will es anders.

Noch kontrollieren RWE und Veolia das Berliner Wasser. Bild: dapd

Die rot-schwarze Koalition steuert auf einen weiteren Konflikt zu: Wie bei dem bisherigen Streitthema S-Bahn gehen die Positionen von SPD und CDU auch beim Thema „Rückkauf der Wasserbetriebe“ auseinander. Die Christdemokraten reagieren auf das jüngste Verkaufsangebot des privaten Teilhabers Veolia skeptischer als die SPD. Sie wollen einem Rückkauf nur zustimmen, wenn die Wasserpreise „nachhaltig und dauerhaft“ sinken. In der SPD-Fraktion hingegen gibt es einige, die sich schon damit zufriedengäben, wenn der Wasserpreis nicht weitersteigt.

Am Dienstag hatte die Finanzverwaltung des Senats bestätigt, dass Veolia, französischer Mischkonzern und neben dem Essener Energieversorger RWE der zweite private Teilhaber an den Wasserbetrieben, überraschend seinen fast 25-prozentigen Anteil verkaufen will (taz berichtete). RWE hatte sich dazu schon im vergangenen Jahr bereit gezeigt und will seinen ebenso großen Anteil nach jüngstem Stand für 654 Millionen Euro dem Land verkaufen. Veolia hingehen hatte bisher jegliche Verkaufsabsicht bestritten. Auch am Mittwoch gab es von dem Unternehmen keine Stellungnahme dazu, warum das nun anders ist.

Bisher hat keine der beiden Regierungsfraktionen dem Kauf zugestimmt. Dieser Schritt würde die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe von 1999 rückgängig machen – was auch unter dem Titel „Rekommunalisierung“ läuft. Beide Fraktionen machten jetzt lediglich kurz vor dem Haushaltsbeschluss am heutigen Donnerstag den Weg dafür frei, dass das Land die nötigen Kredite aufnehmen könnte.

Die CDU-Fraktion pocht auf den Koalitionsvertrag: Laut diesem sind die Verhandlungen fortzusetzen – jedoch ergebnisoffen. „Eine spürbare Entlastung durch Senkung der Wasserpreise bleibt im Fokus der Rückkaufsverhandlungen und ist als feste Bedingung umzusetzen“, heißt es in einem Beschlusspapier. Das deckt sich mit der Haltung der Grünen-Fraktion: Ein Rückkauf müsse dauerhaft „spürbare Entlastungen bringen“, heißt es hier. Die CDU-Fraktion will sich nicht drängen lassen und verweist darauf, dass das RWE-Angebot bis zum Jahresende gelte. Im Fall von Veolia soll noch länger Zeit sein.

Bei der SPD hingegen will man offenbar zügig nach der Sommerpause entscheiden. Ihre neunköpfige „AG Davos“, die zentrale Arbeitsgruppe zu den wichtigen Themen der Daseinsvorsorge – Wohnen, Energie, Verkehr –, hat sich sogar schon festgelegt: Ihr Vorsitzender Daniel Buchholz sagte der taz, die AG habe der Fraktion den Kauf der RWE-Anteile empfohlen. Fraktionschef Raed Saleh betont immer wieder ein ideologiefreies Vorgehen. „Einem Verkaufsrausch darf jetzt nicht aus Ideologie ein Kaufrausch folgen“, sagte er jüngst vor Unternehmern.

Auch die SPD will wissen, ob und wie niedrigere Wasserpreise möglich sind. Von der Finanzverwaltung fordert sie Berechnungen. Anders als die CDU macht sie einen Verkauf aber nicht davon abhängig, dass die Wasserpreise sinken. Das Meinungsspektrum der Abgeordneten reicht dem Vernehmen nach von der Haltung, einer Forderung des Bundeskartellamts zu folgen und die Preise um 17 Prozent zu senken, bis hin zur Ansicht, stabile Preise seien schon ein Gewinn.

Laut Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) würde ein Rückkauf den Landeshaushalt nicht belasten: Es sei sein Bestreben, „den Anteilserwerb aus sich selbst heraus zu finanzieren“ – also aus den Einnahmen und dem Unternehmensvermögen.

Wassertisch warnt

Die Initiative „Wassertisch“, die das im Februar 2011 erfolgreiche Volksbegehren zur Offenlegung der Wasserverträge auf den Weg brachte, glaubt nicht an das Finanzierungsmodell: „Die Behauptung, dass der Rückkauf keine Belastung für die Wasserkunden darstellt, ist ein Märchen.“ Aus Sicht der Initiative können die Wasserpreise erst sinken, wenn der Senat die Verträge von 1999 gerichtlich anfechtet, die der Wassertisch für unrechtmäßig hält. Misstrauen und Vorsicht seien bei den Rückkaufsangeboten angesagt. „Bis jetzt werden die Wasserverbraucher von einer Beutegemeinschaft aus Senat und Privaten ausgenommen – wir sehen Anzeichen dafür, dass der Senat nun im Alleingang plündern möchte“, warnte Sprecher Gerhard Seyfarth.

Die „Wasserbürger“, eine Abspaltung des Wassertischs, sind noch vehementer dagegen, die Angebote von RWE und Veolia anzunehmen: „Die Rückkaufsverhandlungen sind ein Skandal“, so Sprecher Thomas Rudek. „Diese teure Rekommunalisierung muss gegenfinanziert werden, zu Lasten der Verbraucher.“

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