Berliner Wochenkommentar II: Der Club kennt seine Schäfchen

Davon, wie der FC Union mit den Umbauplänen für sein Stadion umgeht, könnte Hertha eine Menge lernen

So soll es mal aussehen … Foto: dpa

Man darf Union Berlin schon ein bisschen lieben für den Stadionausbau. Das ist zwar mittlerweile so, als würde man dem coolsten Jungen der Klasse hinterherlaufen, den jeder toll findet, aber trotzdem …

28.000 Stehplätze wird die Alte Försterei in Zukunft haben, der nostalgische Charme bleibt erhalten, Nackensteak bleibt Nackensteak, und die Anhänger durften bei der Planung mitgestalten; ein Fantraum von einem Stadion. Die von Fans gebauten Tribünen bleiben unangetastet, der neue Oberrang war ein Wunsch der Anhänger, und dann kriegen die Neubauten auch noch gelbe Klinker in Anlehnung an, Zitat, „Oberschöneweider Industriebauten“. Viel fanfreundlicher und bodenständiger kann man ein Stadion nicht gestalten.

Mutig, wie viele schreiben, ist das dabei gar nicht so sehr. Mutig wäre, dem Köpenicker Anhang eine Riesenschüssel mit fünf Videowürfeln, 50 Prozent VIP-Logen und Helene-Fischer-Auftritt vor die Nase zu setzen. Union kennt seine Schäfchen. Respektieren muss man sie aber auch erst mal.

Davon lernen könnte vor allem der Nachbar im Westen. Auch Hertha wollte die Anhänger beim Stadionbau einbinden und hat sie gefragt, wo das neue Stadion stehen soll. 95 Prozent waren gegen Brandenburg. Die Verantwortlichen hielt das nicht davon ab, weiter Ludwigsfelde zu propagieren. Demokratie – ist das nicht das, wo man so lange abstimmen lässt, bis das Ergebnis stimmt? Die wütenden Proteste waren dann nicht überraschend.

Natürlich hat es Union leichter: kein Denkmalschutz, keine alte Nazischüssel, kein stressender Senat, keine Leichtathleten an der Backe. In einem Berliner Entenhausen hat sich Union gerade zu einer Mischung aus Donald Duck und Gustav Gans entwickelt: ein liebenswerter Außenseiter, dem auch noch alles gelingt. Hertha kann einem fast schon leidtun.

„Union ist der neue Hauptstadtklub, Hertha kann nach Brandenburg gehen“ – so oder ähnlich hämte das Internet. Aber das ist natürlich Quatsch: Den Stress als Hauptstadtklub überlassen die Unioner lieber Hertha. Was die machen können? Vielleicht mal bei den Fans nachfragen.

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