Berliner Wohnungspolitik: Eine Milliarde für den Neubau

40.000 landeseigene Wohnungen mehr als geplant will SPD-Fraktionschef Raed Saleh bauen lassen und setzt damit den eigenen Bausenator unter Druck.

Viel gebaut wird ja ohnehin in Berlin - nur sind es selten bezahlbare Wohnungen. Bild: dpa

Die SPD geht beim Wohnungsbau in die Offensive. „Wir werden bis 2017 eine Milliarde Euro für den Bau günstiger Wohnungen in die Hand nehmen“, kündigt der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh im Interview mit der taz an. Nach Ostern soll das Abgeordnetenhaus über einen entsprechenden Antrag abstimmen. Als Grund für das Tempo nennt Saleh die günstigen Zinsen. „Wenn man baut, dann muss man jetzt bauen.“

Im Koalitionsvertrag haben SPD und CDU vereinbart, bis zum Ende der Legislaturperiode 2016 30.000 Wohnungen bauen zu wollen. Zudem soll der Anteil der landeseigenen Wohnungen aufgestockt werden. Bislang haben die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften – Degewo, Gesobau, Gewobag, Stadt und Land, WBM und Howoge – 270.000 Wohnungen im Bestand. Der sollte ursprünglich bis 2016 auf 300.000 Wohnungen wachsen. Viel zu wenig, meint Saleh: „Unser Ziel sind 340.000 Wohnungen in Landesbesitz bis Ende 2020, primär durch Neubau.“

Saleh und auch der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß reagieren damit auf die jüngste Bevölkerungsprognose. Sie sagt bis 2030 eine Zunahme der Berliner Bevölkerung um 250.000 Menschen zu. Im Entwurf zu einem Stadtentwicklungsplan Wohnen, den Bausenator Michael Müller (SPD) vor Kurzem vorgestellt hatte, ist bereits von 10.000 Wohnungen die Rede, die jährlich gebaut werden müssten. Das ist deutlich mehr als der Koalitionsvertrag vorsieht. Die 30.000 neuen Wohnungen, die dort vereinbart wurden, bedeuten im Schnitt 6.000 pro Jahr.

Bereits in der vergangenen Woche hatte die SPD-Fraktion auf Antrag von Saleh einem 775-Millionen-Euro-Programm zugestimmt, mit dem die sechs Wohnungsbaugesellschaften in großem Stil in den Neubau einsteigen sollen. 600 Millionen Euro davon sollen die Gesellschaften an Krediten aufbringen, 175 Millionen als Eigenkapital einbringen. „Dazu bekommen wir 32 Millionen Euro pro Jahr vom Bund für Wohnungsbauförderung“, so Saleh. Den gleichen Betrag will der Fraktionschef aus dem Landeshaushalt dazuschießen. „Das sind 64 Millionen Euro, in fünf Jahren also 320 Millionen Euro.“ Macht zusammen knapp 1,1 Milliarden Euro. Bausenator Müller dagegen hatte bislang nur ein Förderprogramm von 60 bis 100 Millionen Euro pro Jahr ins Spiel gebracht.

Vorstoß kam von den Gesellschaften

Die Kritik, dass die Wohnungsbaugesellschaften kaum Erfahrungen mit Neubau hätten, weist Saleh zurück. Es seien die Gesellschaften selbst gewesen, die diese Zahlen ins Gespräch gebracht hätten. Tatsächlich kann sich etwa die Degewo vorstellen, 2013 17 Millionen Euro an Eigenkapital für den Wohnungsbau einzubringen. Dies geht aus einem Papier hervor, das der taz vorliegt. An Krediten sollen 12 Millionen aufgenommen werden. Ganz ohne Hilfe der Banken wollen die Gesobau und die WBM bauen. Allerdings fällt deren Neubauvolumen geringer aus. So will die WBM 2013 nur 400.000 Euro investieren, die Gesobau plant mit 760.000 Euro. In der Summe der geplanten Investionen kommen die sechs Gesellschaften über fünf Jahre gerechnet auf die bezifferten 775 Millionen Euro.

Zu welchen Mieten die neue Wohnungsbauoffensive führt, kann Raed Saleh nicht einschätzen: „Das müssen die Experten sagen.“ Allgemein wird damit gerechnet, dass bei einem nicht geförderten Wohnungsbau die Mieten nicht unter 9 oder 10 Euro pro Quadratmeter zuzüglich Warmwasser und Betriebskosten liegen. Ginge es nach der SPD, sollen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften samt und sonders auf landeseigenen Grundstücken bauen dürfen, die sie zum Nulltarif bekommen. Dafür soll der Liegenschaftsfonds Ende des Jahres aufgelöst werden. Obwohl sich die CDU da skeptisch gezeigt hat, erwartet Saleh keinen Widerstand vom Koalitionspartner. „Ich bin überzeugt davon, dass sich die CDU diesen Argumenten nicht verschließen wird.“

Das Interview mit Raed Saleh finden Sie am Montag in der gedruckten taz an ihrem Kiosk. Oder im E-Papier. Oder wenn Sie uns ganz schnell abonnieren.

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