Berlins Opposition wacht auf: Freudige Tritte auf die Bremse

Nach dem kleinen Linksruck der Sozialdemokraten drängt die Opposition auf Einlösung der Versprechen und bietet ihre Unterstützung an. Knackpunkt bleibt die CDU.

Hier wird diskutiert: Berlins Abgeordnetenhaus. Bild: dapd

Udo Wolf ist immer noch überrascht. Hat die SPD tatsächlich eine Privatisierungsbremse gefordert? Just den Vorschlag der Linken, den Rot-Schwarz vor Wochen noch in die Ausschüsse verwies? „Aber gut“, sagt der Chef der Linksfraktion, „dann sollen sie auch Wort halten.“

Am Donnerstag hatte das Sozi-Triumvirat Klaus Wowereit, Raed Saleh und Jan Stöß mit dem Strategiepapier „Stadt des Aufstiegs“ einen veritablen Linksschwenk hingelegt. Noch mehr Wohnungsbau, weniger Profite für Investoren, Rekommunalisierung des Stromnetzes, Mindestlohn – und die „Privatisierungsbremse“: einen Volksentscheid vor jeder weiteren Veräußerung eines großen, landeseigenen Betriebs.

Die Opposition nimmt die SPD nun in die Pflicht, dies auch umzusetzen. Am Dienstag vereinbarten die Fraktionschefs Wolf, Andreas Baum (Piraten) und Antje Kapek (Grüne), der SPD ihre Unterstützung für die linken Vorstöße anzubieten. Man selbst will vorangehen und zügig gemeinsame Anträge zu Mindestlohn und Mieten stellen.

Schon am Montag schickte Wolf einen Brief an SPD-Fraktionschef Saleh und warb für eine Zusammenarbeit bei der Privatisierungsbremse. Die Entscheid-Idee hatte die Linke schon im September im Parlament eingebracht, sie liegt dem Rechtausschuss zur Beratung vor. In Bremen wurde eine solche Bremse bereits im letzten Jahr beschlossen. Die Linke sei „zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit“, schreibt Wolf. Man bitte um einen „zeitnahen Dialog“. Gleiches betont auch Piraten-Geschäftsführer Heiko Herberg: „Wir bieten bei Privatisierungsbremse und Mindestlohn gerne unsere Unterstützung an.“

Eine Antwort auf die Offerte lässt Saleh bisher offen, er war am Dienstag nicht erreichbar. Aus der SPD heißt es, man berate das Strategiepapier erst in Fraktion und Partei. Spielentscheidend sind ohnehin andere: die CDU. Denn Saleh stellte bei der Vorstellung des SPD-Papiers auch klar: „Wir sind koalitionstreu.“ Und die CDU zeigt sich bisher nur mäßig angetan von den neu-linken Ideen der Sozialdemokraten. Einiges, wie den Wohnungsbau, löse die Koalition doch längst ein, heißt es dort.

Die Privatisierungsbremse kommentiert Generalsekretär Kai Wegner dagegen offen ablehnend: Man wisse, was man an den landeseigenen Unternehmen habe. „Wir haben aber große Zweifel, dass es der richtige Weg ist, dies in der Verfassung zu regeln.“ Die Frage stelle sich auch gar nicht: Rot-Schwarz habe ja keine Privatisierung vereinbart. Die CDU erwarte nun eine „unideologische, pragmatische Diskussion“, so ein Sprecher.

Die Opposition warnt vor einem Einknicken der Sozialdemokraten vor der CDU: „Die SPD muss jetzt zeigen, wie glaubwürdig sie mit ihren Themen umgeht“, stellt Udo Wolf klar. Für die Privatisierungsbremse gebe es schon jetzt die nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament. Diese Chance, so Wolf, müsse die SPD nutzen – mit oder ohne CDU.

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