Beschlüsse des EU-Gipfels: Keine Drohungen gegen Russland

Die Staats- und Regierungschefs verurteilen die Angriffe auf syrische Zivilisten. Doch auf konkrete Sanktionen gegen Russland konnte man sich nicht einigen.

Theresa May guckt zur Seite. Hinter ihr steht Angela Merkel

Erstmals nahm die neue britische Regierungschefin Theresa May an einem EU-Gipfel teil Foto: reuters

BRÜSSEL dpa | Die Europäische Union hat die Angriffe auf Zivilisten in Syrien scharf verurteilt, droht aber vorerst nicht mit konkreten Sanktionen gegen Russland. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zwar nach dem ersten Tag des EU-Gipfels in Brüssel ungewöhnlich scharf gegen Syriens Verbündeten Moskau. Doch folgten in stundenlangen Gesprächen offenbar nicht alle Partner der harten Linie. Die Schlusserklärung wurde im Vergleich zu einem früheren Entwurf abgemildert.

Merkel sprach von einem menschenverachtenden Bombardement in der nordsyrischen Stadt Aleppo. Alle EU-Partner seien sich einig gewesen, dass man „alle verfügbaren Maßnahmen aktivieren“ müsse, wenn dies nicht aufhöre. Ganz ähnlich äußerte sich EU-Ratspräsident Donald Tusk. Merkel räumte aber ein, dass nicht über einen Zeitplan gesprochen worden sei.

Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi sagte, es mache keinen Sinn, jetzt einen Hinweis auf Sanktionen zu setzen. Entscheidend seien ein echter Waffenstillstand und ein Prozess für einen politischen Übergang. Der österreichische Kanzler Christian Kern sagte, niemand in der Gipfel-Runde habe Sanktionen gefordert. Es sei eine „sehr lange, sehr erschöpfende Russland-Diskussion“ gewesen.

Hinter der Debatte steckt der Zwiespalt, einerseits Russland und Syrien wegen der Zerstörung in dem Bürgerkriegsland anzuprangern, anderseits die Beziehungen zu Moskau aber nicht ganz auf Eis zu legen. Merkel hatte erst am Mittwochabend in Berlin mit Präsident Wladimir Putin über die Konflikte in Syrien und in der Ukraine verhandelt.

Streit um Ceta

Während der langen Syrien-Debatte der Staats- und Regierungschefs eskalierte am Rande des Treffens der scheinbar endlose Streit um den Freihandelspakt Ceta. Die belgische Region Wallonie hatte Nachbesserungen gefordert und vorige Woche ihr Veto gegen eine Unterschrift Belgiens eingelegt.

Die EU-Kommission vermittelte einen Kompromiss mit Zugeständnissen an die Wallonie, die in die ohnehin geplante Zusatzerklärung zum Abkommen aufgenommen werden sollten. Doch kam am späten Donnerstagabend die Absage aus der Wallonie. Regionalregierungschef Paul Magnette sagte nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Belga zwar, es habe echte, aber nicht genügend Fortschritte gegeben. Er kündigte direkte Gespräche mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland an.

Auch Merkel sagte, die Gespräche liefen weiter. Über einen Stopp des über Jahre ausgehandelten EU-Vertrags mit Kanada wollte die CDU-Chefin nicht spekulieren. „Wir arbeiten daran, dass es nicht dazu kommt, aber die Gespräche sind schwierig“, sagte Merkel. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte die Bedeutung von Ceta für die Glaubwürdigkeit der Union: „Wenn wir dieses Handelsabkommen mit Kanada nicht abschließen können, sehe ich nicht, wie es möglich sein soll, Handelsabkommen mit anderen Teilen der Welt zu vereinbaren.“

Großbritannien will Partner bleiben

Die Staats- und Regierungschefs hatten am Donnerstagnachmittag zunächst ihre strikte Linie gegen illegale Migration bekräftigt. Dazu will sie den Grenzschutz weiter stärken und mehr illegal eingereiste Migranten ohne Bleiberecht zurückzuschicken. Über die deutschen Pläne zur Verlängerung der Grenzkontrollen im Schengen-Raum wurde jedoch gestritten. Am Ende fand man eine Formulierung, die die Verlängerung zumindest nicht ausschließt.

Erstmals nahm die neue britische Regierungschefin Theresa May an einem EU-Gipfel teil. Sie versicherte, Großbritannien werde ein „starker und verlässlicher Partner“ bleiben. Beim Arbeitsessen ermahnte sie ihre Kollegen aber, bei eigenen Gipfeln ohne Großbritannien nichts zu entscheiden, was alle 28 Länder betreffe.

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