Beschluss der Bundesregierung: Ende der Plastiktüte eingetütet

Weltweit werden Plastiktüten verboten, jetzt zieht Deutschland nach. Die typische Wegwerftüte an der Kasse im Supermarkt ist bald Geschichte.

ein mann trägt zwei gelbe Plastiktüten

„Ja, die Menschen ohne Seele kaufen Dinge ohne Seele kaufen Plastik“ – Jan Delay Foto: Stephen Hird/reuters

BERLIN dpa/taz | Die Bundesregierung hat ein Verbot von Plastiktüten auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett verabschiedete den Gesetzentwurf von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, in dem es nicht etwa um Müllbeutel oder Verpackung geht, sondern um die typischen Tüten, die man im Supermarkt oder anderen Geschäften beim Bezahlen bekommt . In aller Regel kosten die inzwischen etwas oder werden durch Alternativen ersetzt. Andere Materialien verlagern aber die Umweltprobleme oft nur, warnt etwa der Umweltverband Nabu.

„Plastiktüten sind der Inbegriff von Ressourcenverschwendung: Sie werden aus Rohöl hergestellt und sie oft nur wenige Minuten genutzt“, sagte die SPD-Politikerin in Berlin. Auch sogenannte bio-basierte und bio-abbaubare Tüten sollen verboten werden. Ausgenommen sind aber die besonders dünnen Tütchen etwa für Obst und Gemüse sowie stabilere Tragetaschen ab einer Wandstärke von 50 Mikrometern. Nach dem Kabinettsbeschluss muss der Bundestag sich mit dem Gesetz befassen. Wenn es Bundestag und Bundesrat passiert hat, soll es noch eine rund sechsmonatige Übergangsfrist für die Tüten geben, um Restbestände in den Läden abzubauen.

Schulze hatte ein Verbot von Plastiktüten zunächst nicht geplant, weil es eine Vereinbarung ihres Ministeriums mit großen Teilen des Handels gab, diese nur noch gegen Geld an Kunden auszugeben. Das hat in den vergangen Jahren dazu geführt, dass sehr viel weniger Tüten verbraucht wurden – pro Kopf im Jahr 2018 nur noch rund 20, 2015 waren es noch 68 gewesen. Es sei allerdings nicht zu erwarten, dass der Verbrauch auf der Grundlage dieser Vereinbarung noch signifikant sinken werde.

EU und Jamaika verbieten Strohhalme

Mittlerweile werden überall auf der Welt Gesetze erlassen, um verschiedenste Einwegprodukte oder Verpackungen aus Kunststoff zu verbieten. Das EU-Parlament hat Anfang 2019 beschlossen, dass Strohhalme, Geschirr oder Ballonstäbchen aus Kunststoff ab 2021 in der Europäischen Union nicht mehr verkauft werden dürfen.

In der Karibik mit ihren wunderbaren weißen, aber häufig vermüllten Stränden war man schneller. In Jamaika, Barbados, Belize, Costa Rica, Dominica, Grenada, Trinidad und Tobago sowie den Bahamas sind Herstellung und Import von Einwegartikeln aus bestimmten Kunststoffen seit Anfang 2019 nicht mehr erlaubt.

Das Auswärtige Amt rät in seinen Reiseempfehlungen, nach Kenia „keine Plastiktüten mitzuführen“

In Jamaika zum Beispiel dürfen Strohhalme, Plastikflaschen und Speiseverpackungen aus Styropor nicht mehr verkauft werden, ab 2021 dürfen an Tetrapaks keine Strohhalme mehr kleben. In den nächsten Jahren wollen die Karibikstaaten die Verbote auf weitere Plastikartikel und Tüten ausdehnen.

Den Kunststofftüten haben auch schon zahlreiche Länder in Afrika den Kampf angesagt. So sind die Beutel in Ruanda seit Jahren verboten; allerdings gibt es immer wieder Berichte, dass Schmuggler das Einfuhrverbot unterlaufen. Kenia und Marokko bestrafen die Besitzer oder Verkäufer von Plastiktüten. Wer sie verkauft, muss mit hohen Geldstrafen von bis zu 40.000 Dollar oder gar mehrjährigen Gefängnisstrafen rechnen. Das Auswärtige Amt rät deshalb in seinen Reiseempfehlungen, nach Kenia „keine Plastiktüten mitzuführen“. Der indische Bundesstaat Maharashtra hat 2018 Verkauf und Gebrauch vieler Plastikprodukte verboten. Darunter fallen dünne Tüten, Mini-Getränkeflaschen, Einweggeschirr und Deko-Styropor.

Auch Islamisten untersagen Einwegplastik

Selbst die radikal-islamistische Bewegung al-Shabaab sorgt sich um das Wohlergehen von Mensch und Tier, wenn es um Plastik geht – und hat in den Gegenden Somalias, die sie beherrscht, Einweg-Plastikbeutel untersagt.

In Staaten, die keine Anstalten zur Regulierung von Plastik machen, werden zum Teil Städte oder Bundesstaaten aktiv, etwa in den USA. So dürfen Restaurants oder Supermärkte in Seattle seit 2018 Essen nicht mehr in Einweggeschirr oder mit Strohhalmen abgeben, ab Mitte 2019 werden nach einer Übergangszeit in New York City Becher, Teller oder Schüsseln aus Styropor verboten. Auch Hawaii und Kalifornien haben entsprechende Gesetze erlassen.

Trotz all dieser Initiativen – Sorgen um die Kunststoffindustrie müssen wir uns nicht machen. Die Branchenvereinigung meldete bei ihrem letzten Jahresbericht ein solides Wachstum; 2016 produzierte die Industrie nach Angaben des Verbands der Kunststoffindustrie Plastics Europe in Europa 60 Millionen Tonnen Kunststoff, 2017 waren es 64,4 Millionen Tonnen. Weltweit haben in diesem Jahr 348 Millionen Tonnen Plastik die Fabriken verlassen. In Deutschland sind in den vergangenen 20 Jahren die Mengen von Glas- und Metallverpackungen laut Umweltbundesamt stark gesunken. Zugelegt haben Verpackungen aus Papier – und aus Plastik.

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