Beschluss gegen den Koalitionskurs: Die CDU-Homos rebellieren

Schwule und Lesben protestieren gegen die schwarz-rote Absage an die Gleichstellung. Nun soll die Koalitionsdisziplin aufgehoben werden.

Bunter Protest. Bild: dpa

BERLIN taz | Das drei DIN-A4-Seiten lange Papier ist ein Frontalangriff auf die Verhandlungslinie der eigenen Parteien beim schwarz-roten Koalitionspoker: In einer am Wochenende verabschiedeten schriftlichen Erklärung, die der taz vorliegt, protestieren die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) in scharfen Worten gegen die Blockadehaltung von CDU und CSU bei der rechtlichen Gleichstellung homosexueller Paare in Deutschland.

Angesichts der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei dieser politische Kurs „einer Rechtsstaatspartei“ wie der Union „unwürdig und alles andere als konservativ“, heißt es in dem mit großer Mehrheit gefällten Beschluss der LSU-Bundesmitgliederversammlung, die am Samstag in Hamburg stattfand. Laut einem Bericht des Spiegel hatte die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam mit CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel noch vor dem offiziellen Start der Koalitionsverhandlungen im kleinen Kreis ausgemacht, die Gleichstellung beim Adoptionsrecht weiter zu blockieren.

Dies löst nun sogar unter Konservativen heftigen Protest aus. Es sei nicht mehr hinnehmbar, dass Lesben und Schwule „weiterhin dafür herhalten müssen, einen konservativen Markenkern zu betonen, während in vielen anderen Politikfeldern Unionspositionen geräumt werden“, mahnen die LSU-Mitglieder ihre Parteifreunde in CDU und CSU.

Und das Beschlusspapier vom Wochenende enthält noch mehr Sprengstoff: Nachdem im Frühsommer knapp 20 CDU- und CSU-Bundestagsabgeordnete ohne Vorwarnung aus „Gewissensgründen“ gegen die Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils zum Ehegattensplitting für homosexuelle Paare gestimmt hatten, reklamieren die Unions-Homosexuellen dieses Recht zur freien Gewissensentscheidung künftig auch für den progressiven Flügel ihrer Fraktion.

Es könne „nicht mehr erwartet werden, dass Befürworter der Gleichstellung künftig gegen ihr Gewissen abstimmen“, heißt es in dem Beschluss vom Wochenende. „Deshalb fordern wir die Aufhebung der Koalitions- und Fraktionsdisziplin in dieser Frage.“ Dies solle für die gemeinschaftliche Adoption ebenso gelten wie für die Öffnung der Ehe für alle Paare ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung.

Den Koalitionsstrategen gibt die LSU obendrein noch einen Aufgabenkatalog mit auf den Weg: Sie sollten endlich mal ein Jahressteuergesetz vorlegen, mit dem verbliebene Ungleichheiten im Steuerrecht angepasst würden – so wie es vor der Wahl versprochen worden sei. Dies betreffe unter anderem die Regeln zur Riesterrente und zum Kindergeld. Außerdem sei ein Rechtsbereinigungsgesetz überfällig, in dem die „letzten verbliebenen, geringen Unterschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft beseitigt“ würden. Denn auch diese seien verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar.

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