Besetzte Flüchtlings-Schule in Kreuzberg: Von der Sehnsucht, gehört zu werden

Kurz bevor Flüchtlinge in einem anderen Flügel der Hauptsmann-Schule einziehen, appellieren die verbliebenen Besetzer an den Bezirk, mit ihnen zu reden.

Tor zur besetzten Schule

Hier darf keiner rein, der hier nicht wohnt: Tür zum Gelände der besetzten Hauptmann-Schule. Foto: dpa

Es gibt nur eine Dusche und wir müssen uns mit kaltem Wasser duschen“, sagt einer aus der kleinen Gruppe von Bewohnern der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg. Sie stehen am Freitag vor dem Eingang, um eine Erklärung abzugeben. „Würden Sie jetzt im Winter mit kaltem Wasser duschen wollen?“

Die sechs wirken frustriert, sie wollen auch nicht jede Frage beantworten. Außer ihren prekären Lebensbedingungen möchten sie vor allem zwei Dinge anprangern: dass der Bezirk ihren Vorschlag ignoriert, ein „International Refugee Center“ im von ihnen bewohnten Südflügel der Schule aufzuziehen. Und dass sie immer noch keinen Besuch empfangen können. Gleich hinter ihnen stehen die Wachleute, die dafür sorgen, dass niemand außer den rund 20 registrierten Bewohnern das Gebäude betritt.

„Sie müssen endlich mit uns reden“, sagt Bewohner Alnour auf Englisch, eine Aktivistin dolmetscht. Er verteilt ein Konzept für das International Refugee Center: ein Ort, so heißt es darin, für „geflüchtete Menschen, die eine alternative Anlaufstelle zum staatlichen Angebot suchen“, wo etwa „Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus rechtliche Beratung oder medizinische Versorgung erhalten“. Ein selbstverwalteter Ort, getragen von antirassistischen Vereinen. Nur der Bezirk interessiere sich nicht dafür.

Immerhin hatten sich Bezirksamt und -parlament zuletzt mit den Bewohnern darauf geeinigt, dass im Nordflügel eine Notunterkunft für neu ankommende Flüchtlinge eröffnen kann. Wie Finanzstadträtin Jana Borkamp (Grüne) der taz vor zwei Wochen sagte, sind die Räume bereits instandgesetzt, Toiletten erneuert, Duschen installiert.

Vom Südflügel, wo die Gruppe ausharrt, die sich im Sommer 2014 dem Druck des Bezirksamts zum Auszug widersetzte, wird die für rund 100 Flüchtlinge ausgelegte Unterkunft klar getrennt sein. Der Pavillon an der Ohlauer Straße soll zur Küche werden, ihn wollten Alnour und seine Mitbewohner zum Begegnungsort des Centers machen. Auf der Freifläche soll außerdem ab Herbst ein Neubau in Modularbauweise entstehen – mit 130 Wohneinheiten, für Flüchtlinge, Arme und Studierende.

Damit haben die Bewohner kein Problem. Was sie umtreibt, ist die Isolation, in der sie leben. „Ist das hier ein Gefängnis?“, fragt einer. „Niemand kann uns besuchen.“ Sie hätten vor Jahren die Refugee-Bewegung gestartet. Jetzt werde denen, die neu ankommen, „Willkommen“ entgegengerufen. „Aber wir werden nicht als Menschen akzeptiert.“

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