Besuch der Kanzlerin in Brüssel: Zweifel an Merkels Europa-Kurs

Europäisches Deutschland oder doch deutsches Europa? Bei ihrem Besuch in Brüssel soll sich die Kanzlerin zur europäischen Integration bekennen.

"Angela Merkel muss klarmachen, dass sie die europäische Integration stärken will", so heißt es aus Brüssel. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Brüssel wartet auf Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin soll am Mittwoch die Europäische Kommission und das Parlament besuchen. Mitten in der Finanzkrise werden Signale von Merkel, CDU, erwartet: "Es sind Zweifel aufgekommen über die deutsche Europapolitik. Angela Merkel muss klarmachen, dass sie die europäische Integration stärken will", sagt etwa der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Martin Schulz.

Bei seinen Kollegen im Parlament beobachte er zunehmend Skepsis, wenn es um den deutschen Europakurs gehe. "Zur Wendezeit war klar: Die Bundesregierung will ein europäisches Deutschland und kein deutsches Europa. Jetzt gibt es Ängste, dass sich das umkehren könnte", meint Schulz.

Beispiele für einen neuen Kurs in Berlin gibt es - trotz der Zustimmung zum EU-Rettungsschirm und den damit verbundenen Garantien: So blockiert Deutschland das EU-Lebensmittelhilfsprogramm. Weil für die Sozialpolitik allein die Nationalstaaten verantwortlich seien, argumentiert die Bundesregierung, will Berlin das Programm, das jedes Jahr 18 Millionen EU-Bürger mit Nahrungsmitteln versorgt, abschaffen.

Versöhnlicher Ton der EU-Kommission

Den Vorschlag der Europäischen Kommission, die Entscheidung über Grenzkontrollen im Schengenraum in Zukunft auf EU-Ebene zu treffen, lehnt die Bundesregierung genauso ab wie ein gemeinsames Asylsystem für die EU. "Angela Merkel hat eigentlich gelernt, dass ein Anti-Europa-Kurs keine Zukunft hat. Das muss sie uns jetzt zeigen", sagt Rebecca Harms von den europäischen Grünen.

Auch der konservative Präsident des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, will von Merkel wissen, wie sie sich die Rolle der Abgeordnetenkammer bei der Eurorettung vorstellt. Die Parlamentarier wollen in Zukunft vermeiden, dass die Regierungen Entscheidungen treffen außerhalb der bestehenden EU-Verträge und somit die parlamentarische Kontrolle umgehen.

Bei der Europäischen Kommission ist man vorsichtiger. Nachdem ihr Präsident José Manuel Barroso in der vergangenen Woche die deutsche Kanzlerin Merkel und den französischen Präsidenten Sarkozy für ihre Alleingänge bei der Euro-Rettung scharf kritisiert hatte, bemüht man sich nun um einen versöhnlichen Ton. "Es geht hier nicht um ein Krisentreffen", sagt ein Kommissionssprecher. Im Mittelpunkt des Arbeitsessens mit den 27 Kommissaren werde die Finanzkrise stehen, aber: "Es gibt keine Tabus."

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