Betrug bei wissenschaftlichen Artikeln: Gefälschte Experten

Wissenschaftler tricksten wiederholt das Peer-Review-System von Fachmagazinen aus. Ein Biologe schrieb sich die Reviews sogar selbst.

Anette Schavan soll ihre Doktorarbeit gefälscht haben. Noch einfacher ist es, das Peer-Review-System von Fachzeitschriften zu umgehen. Bild: dapd

Insgesamt elf Artikel in Fachzeitschriften des Elsevier-Verlages wurden kürzlich zurückgezogen. Der Grund: Die Reviews, die bei solchen Fachartikeln üblich sind, waren offenbar gefälscht und stammten nicht von denen, mit deren Namen sie unterzeichnet waren. Darüber berichtete kürzlich das Blog Retractionwatch. Es ist innerhalb kurzer Zeit der zweite derartige Vorfall bei Elsevier, dem weltgrößten Wissenschaftsfachverlag.

Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften werden üblicherweise einem sogenannten Peer-Review unterzogen. Wissenschaftler aus demselben Fachbereich, die an der Forschungsarbeit nicht selbst beteiligt sind, begutachten dabei die Artikel ihrer Kollegen vor der Veröffentlichung. Das Peer-Review-System gilt als wichtiges Instrument, um zu verhindern, dass mangelhafte Forschungsarbeiten in Fachzeitschriften publiziert werden.

Große Verlage wie Elsevier verwenden hierbei inzwischen halbautomatisierte Systeme. Potenzielle Reviewer können sich online beim Verlag anmelden. Offenbar gelang es in diesem Fall Unbekannten, sich die Zugangsdaten von legitimen Reviewern zu verschaffen und die gefälschten Berichte einzureichen.

Sonderlich schwer hatten es die Angreifer nicht: Das Review-System von Elsevier arbeitete mit unverschlüsselten Logins. Die bei Internetangeboten heute oft übliche SSL-Verschlüsselungstechnik (zu erkennen am https:// in der Webadresse) kam dabei standardmäßig nicht zum Einsatz.

Motive der Fälschungen unklar

Die meisten der zurückgezogenen Arbeiten betrafen das Magazin Optics & Laser Technology. Unklar sind dabei die Motive der Fälschungen. Elsevier erklärte, man sehe keine Verbindung zwischen den Artikelautoren und den gefälschten Reviews. Die Autoren sollen daher die Chance erhalten, ihre Arbeiten erneut einzureichen, erklärte der Herausgeber von Optics & Laser Technologie, Andrea Cusano.

Es ist nicht der erste Fall, in dem das Review-System von Elsevier in Verruf gerät. Im August berichtete Retractionwatch darüber, dass der koreanische Biologe Hyung-In Moon sich seine Reviews selbst schrieb. Er reichte Texte bei Fachjournalen ein und machte gleichzeitig Vorschläge, welche Fachkollegen für ein Review in Frage kämen. Gleichzeitig erstellte er sich Accounts im Review-System von Elsevier unter den Namen der – real existierenden – Kollegen mit gefälschten E-Mail-Adressen.

Eine Weile war Moon mit dieser Strategie erfolgreich, doch letztendlich wurden die Herausgeber skeptisch, dass die Reviews immer ungewöhnlich schnell eintrafen, meist bereits nach einem knappen Tag. Auf Nachfrage gab Moon anschließend zu, die Reviews selbst geschrieben zu haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.