Betrug nach dem Flugzeugabsturz: Der Schreckensmoment als Köder

Nach dem Flugzeugabsturz in der Ukraine versuchen Netzkriminelle, das Ereignis auszunutzen. Sie setzen dabei auf die Lust am Voyeurismus.

„Offizielle Aufzeichnung vom MH17-Absturz“: Nein, das Bild zeigt ein ganz anderes Flugzeug. Tabelle: liveleak.com

BERLIN taz | Wäre es nicht aufregend, wenn man doch live hätte zuschauen können? Nach dem Absturz der Malaysia-Airlines-Maschine über der Ostukraine – verursacht wahrscheinlich durch eine Rakete – machten Posts auf Facebook die Runde, die auf dle makabre Lust am Voyeurismus abzielten. Und tatsächlich: An Aufnahmen zu gelangen, die zeigen, wie 300 Menschen in den Tod gerissen werden, erschien offenbar vielen Internetnutzern attraktiv. Nur, die Videos gab es nicht wirklich zu sehen.

„Video fängt ein Augenblick des MH17-Crash ein. Guckt hier“ oder „Wirkliche Aufnahme von Rakete, die von prorussischen Militanten auf MH17 abgefeuert wurde“ hießen die reißerischen Posts der Netzkriminellen – illustriert mit einem passenden Bild aus der Fernsehserie „Lost“. Ein anderer Clip zeigte Ausschnitte eines Videos aus dem Jahr 2013, versehen mit der Überschrift „Offizielle Aufzeichnung vom MH17-Absturz“.

Wer die Posts anklickte, in der irrigen Annahme, ein Video anschauen zu können, wurde erst gezwungen den Link selbst zu teilen, der sich so rasend schnell verbreitete. Die neugierigen Nutzer landeten dann auf einer Website, die Werbung anzeigte oder – sehr wahrscheinlich – Schadsoftware auf ihre Rechner aufspielte.

Bei diesem Trickbetrug kommen zwei Trends zusammen: Kriminelle nutzen immer häufiger aktuelle Anlässe, um Leute übers Ohr zu hauen. Und ihre Angebote treffen auf den Voyeurismus der Nutzer, für die plausibel ist, dass dank Handykameras Videoaufnahmen von jedem erdenklichen Ereignis existieren könnten. (Allerdings hat es wohl seit dem 11. September 2001, als damals das zweite Flugzeug vor laufenden Fernsehkameras ins World Trade Center flog, kein so beeindruckendes Video eines aktuellen Ereignisses mehr gegeben).

Beim Absturz von Flug MH17 ging die Perfidie der Trickbetrüger aber noch weiter: Für mindestens ein halbes Dutzend der Toten richteten sie gefälschte Trauerseiten auf Facebook ein, darunter die irreführenden Links. Australische Medien berichten, dass eine solche Seite drei Geschwistern gedachte, die beim Absturz umkamen. Inzwischen sind die Seiten gemeldet und gelöscht worden.

Auch in der physischen Welt nutzten Betrüger die Tragödie aus: Bereits am Freitag warnte ein ukrainischer Regierungsberater vor Plünderungen an der Absturzstelle. Dabei sollen auch Kreditkarten geklaut worden sein. „Meine bescheidene Bitte an die Angehörigen der Opfer ist, deren Kreditkarten zu sperren, sodass sie ihr Guthaben nicht an die Terroristen verlieren“, schrieb der Regierungsberater auf Facebook. Der niederländische Bankenverband gab daraufhin bekannt, dass sie bei Betrugsversuchen die Angehörigen der Opfer entschädigen würden.

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