Bewegungs-Kolumne 30.11.2017: Rechts außen ist Abseits

Eine Sichtung sozialer Bewegungen in Berlin. Diese Woche: Hintergründe zum NSU und zum Antisemitismus im Compact-Magazin.

Bild: dpa

von TORBEN BECKER

Das muss eine nervenaufreibende Recherche gewesen sein: In ihrem Buch „Im Feindbild vereint – Zur Relevanz des Antisemitismus in der Querfrontzeitschrift Compact“ kommen Kevin Culina und Jonas Fedders zu dem Schluss, dass rechtspopulistische Compact-Magazin sei durchzogen von antisemitischen Argumentationen. Keinesfalls unbegründet. Die beiden Autor*innen haben nach eigenen Angaben für ihre umfangreiche Analyse bis zum Erscheinungsdatum alle Ausgaben des Magazins seit dessen Gründung 2010 zerlegt. Sie zeichnen historische Entwicklungen antisemitischer Strukturen in Europa nach und verknüpfen diese mit ihrer Untersuchung der Argumentation der Autor*innen des Compact-Magazins. Darin werden, wie Culina und Fedders an vielen Textstellen zeigen, antisemitische Klischees reproduziert sowie Verschwörungstheorien, verkürzte Kapitalismuskritik und struktureller Antisemitismus ausgebreitet. Auf welchen Nährboden diese Argumentationen fallen, analysieren die beiden anhand der vom Compact-Magazin abgedruckten Leser*innenbriefen, und es wird deutlich: Antisemitische Codes werden von der Leserschaft verstanden und wiedergegeben. Dass sich das Magazin mit derlei Argumentationen als Alternative zu „gleichgeschalteten Medien“ teilweise erfolgreich inszeniert, ist beunruhigend. Das ist auch der Grund, wieso letzten Samstag Hunderte Menschen dem Aufruf des NoCompact-Bündnisses folgten, gegen die Compact-Konferenz in Leipzig zu demonstrieren. Welche weiteren Protest- und Gegenstrategien es gibt sowie offene Fragen zum Buch können Sie am 30. November 2017 mit den Autor*innen und Jan Rathje von der Amadeu-Antonio-Stiftung (Anmeldung erforderlich / 18 Uhr, Novalisstr. 12) diskutieren. (Buch: Edition Assemblage, 96 S., 9,80€)

Obschon der in Culinas und Fedders’ Buch analysierte anschlussfähige Rechtspopulismus insbesondere in den neuen Bundesländern Konjunktur hat, mangelt es nicht an zivilgesellschaftlichem Gegenengagement. Auf einer Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung werden am 1./2. Dezember 2017 in Potsdam die letzten „30 Jahre der Antifa in Ostdeutschland“ aufgearbeitet. Informationen zur Anmeldung und Tagungsbeitrag finden Sie auf www.rosalux.de (Fr. 18 Uhr, Dortustr. 46/Sa. 10 Uhr, Friedrich-Engels-Str. 22).

Darüber hinaus wird am Dienstag, den 5. Dezember, in einer offenen Diskussionsrunde unter dem Titel „Spurensuche in Potsdam“ mit Abgeordneten des Brandenburger Landtags eine Zwischenbilanz zum NSU-Untersuchungsausschuss gezogen und Zusammenhänge zwischen den den NSU ermöglichenden Strukturen besprochen (18 Uhr, Friedrich-Engels-Straße 22, Potsdam).