Bewerbungen für die Grünen-Spitze: Droht jetzt ein Flügelstreit?

Robert Habeck und Annalena Baerbock wollen die Grünen führen, doch beide sind aus dem Realo-Flügel. In der Partei gibt es deshalb Skepsis.

Robert Habeck streckt am Strand die Arme aus

Dreht sich bei den Grünen schon wieder alles um einen Mann? Foto: dpa

BERLIN dpa/taz | Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat die Kandidatur von Robert Habeck für den Posten des Parteichefs begrüßt. Die Grünen bräuchten eine starke Parteiführung. „Und ich würde mich freuen, wenn Robert Habeck dabei ist. Er genießt ausgesprochen hohes Ansehen, nicht nur im Norden“, sagte sie der Welt. Einen Wettbewerb um die Plätze an der Spitze schloss sie nicht aus: „Warten wir ab, wer alles seine Kandidatur für den Parteivorsitz erklärt.“

Auch die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock hatte am Wochenende angekündigt, für den Parteivorsitz zu kandidieren. Die beiden Kandidaturen könnten aber Ärger vor allem beim linken Parteiflügel auslösen: Den Grünen-Vorsitz teilen sich üblicherweise ein Mann und eine Frau, die normalerweise beide Parteiflügel vertreten – den realpolitischen und den linken. Habeck und Baerbock werden aber beide zu den Realos gezählt.

„Bisher sind wir gut mit der Quotierung nach Geschlechtern und Flügeln gefahren“, sagte die derzeitige Parteichefin Simone Peter. „Es ist gut, dass es uns Grünen nicht an geeignetem Spitzenpersonal mangelt, und auch ich werde mich einer Erneuerung nicht in den Weg stellen.“ Als Parteivorsitzende sei ihr vor allem wichtig, dass die gesamte Partei dabei mitgenommen werde.

Von der Flügel-Logik der Grünen will Baerbock ihre Kandidatur allerdings nicht abhängig machen. „Im Bundestag kann man rechts der Mitte die Frauen mittlerweile an ein paar Händen abzählen“, sagte die 36-Jährige der dpa. „Ich fände es fatal, wenn in einer solchen Situation nun auch noch von uns Grünen der Eindruck entstünde, es drehe sich alles um die Männer, und wenn die sich entschieden haben, kommt die Frau an Mr. X' Seite.“

Was wird aus Özdemir?

Die Grünen wählen Ende Januar eine neue Doppelspitze. Cem Özdemir will sich nach neun Jahren nicht nochmal zur Wahl stellen, Co-Chefin Simone Peter würde gern im Amt bleiben.

Robert Habeck war schon lange als möglicher Erneuerer der Partei im Gespräch. Özdemir und andere prominente Grüne haben sich für den 48-Jährigen ausgesprochen, den die Basis bereits um ein Haar zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gewählt hätte. Im Fall seiner Wahl werde er sein Amt als Umwelt- und Agrarminister in Schleswig-Holstein nach einer Übergangszeit aufgeben, sagte er der taz. Diese müsse „pi mal Daumen ein Jahr“ lang sein.

Parallel dazu geht das Rätselraten um Özdemirs Zukunft weiter. Er galt als gesetzt für ein Ministeramt – aber aus Schwarz-Gelb-Grün wurde nichts. Einige Grünen-Realos, darunter Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, würden ihn nun gern als Fraktionschef im Bundestag sehen. Doch an der Fraktionsspitze, die ebenfalls im Januar neu gewählt wird, gelten die gleichen Regeln wie an der Parteispitze. Der linksgrüne Anton Hofreiter und die Realo-Vertreterin Göring-Eckardt wollen im Amt bleiben, ihre Wiederwahl gilt bisher als sicher.

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