Bilanz von Berlins Sonderermittler: Verfassungsschutz hat Mängel

Innensenator Frank Henkel sieht sich trotzdem durch den Bericht seines NSU-Ermittlers entlastet. Die Opposition spricht hingegen von gefälliger "Verteidigungsschrift".

Sonderermittler Feuerberg (links) und Innensenator Henkel am Montag im Innenausschuss. Bild: dpa

Aufatmen allerorten. „Transparenz und Aufklärung“ seien nun „eingelöst“, verkündete Innensenator Frank Henkel (CDU). „Erleichtert“ sei er „über die Bewertung“, sagte Polizeipräsident Klaus Kandt. Und die rot-schwarze Koalition erklärte die Aufarbeitung über die NSU-Affäre für „vollständig widerlegt“ und „nun abgeschlossen“.

Zuvor hatte am Montag im Innenausschuss der Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg seinen Abschlussbericht zur Rolle der Berliner Sicherheitsbehörden in der NSU-Aufklärung präsentiert. Im September hatte Henkel ihn als Sonderermittler, als „unabhängigen Fachmann“, ernannt – kurz nachdem eine Reihe von Pannen den CDUler arg unter Druck setzten. Die wertete Feuerberg nun als harmlos: Die Anwerbung des NSU-Bekannten Thomas S. als V-Mann, die Nichtweitergabe seines Hinweises zum Neonazi-Trio, das Schreddern von Akten mit möglichem NSU-Bezug beim Verfassungsschutz, Henkels Informierung der Parlamente – ja, dabei gab es Fehler. Vertuschungen oder Behinderungen der NSU-Ermittlungen erteile er aber „ein eindeutiges Nein“.

Henkel hakte seine Affäre daraufhin ab: „Endlich können wir auf sachlicher Grundlage diskutieren.“ Nun müsse das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden zurückgewonnen werden. Auch Polizeichef Kandt sagte, die Aufarbeitung sei „hinreichend abgeschlossen“. Der Bericht seiner polizeinternen Prüfgruppe zu den Vorwürfen sei nun verzichtbar, da er sich mit Feuerberg decke. Und Verfassungsschutz-Chef Bernd Palenda betonte, dass auch die bisher rekonstruierten Schredder-Akten – 158 Dokumente zum Netzwerk „Blood and Honour“ und 4 zur Band „Landser“ – „keinen inhaltlichen NSU-Bezug“ ergeben hätten.

Der Opposition ging so viel Entlastung zu weit. Sie warf Feuerberg eine gefällige „Verteidigungsschrift“ vor. Ohnehin sei der Staatsanwalt als Ermittler untauglich, weil Teil des Sicherheitsapparats. „So viele Fehler, aber keiner ist es gewesen“, kritisierte die Grüne Clara Herrmann. Linken-Fraktionschef Udo Wolf sagte, von Erleichterung zu sprechen sei „absurd und politisch verheerend“: Es sei immer noch offen, warum die Ermittlern damals „so blind waren“. Pirat Christopher Lauer bemängelte, dass der Bericht keine Quellen für seine Aussagen liefere.

Feuerberg wies dies zurück: „Die Ergebnisse sind keine Schönfärberei, warum auch?“ Im Detail übte allerdings auch er Kritik: So habe das LKA die Arbeit mit V-Mann S. unsauber dokumentiert, es hätte den Informanten früher abschalten können. Dem Verfassungsschutz attestierte Feuerberg „organisatorische Mängel“: So hätten die später vernichteten Akten in einem für alle offenen Raum zwischen „Gerümpel und Weihnachtsdekoration“ gelegen.

Henkel wertete die Kritik als Beleg für Feuerbergs „neutrale“ Arbeit. Nun gelte es, die Reformen umzusetzen. V-Leute verteidigte Henkel aber als „Frühwarnsystem“ für unverzichtbar. Die Linke forderte dagegen, auf die Spitzel zu verzichten. Fraktionschef Wolf schimpfte auch, dass es zu dem Bericht noch einen etwa 12-seitigen vertraulichen Teil gebe: „Wer hier von transparenter Aufklärung spricht, macht sich unglaubwürdig.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.