Bildband „African Catwalk“: Modische Entwicklungspolitik

Per-Anders Pettersson erkundet im Bildband „African Catwalk“ die Modebranche in Afrika. Seine Fotografien sind zudem ein politisches Statement.

Model sitzt über Stühllehne gebeugt

Mal durchatmen: das tansanische Model Annastazia Gura ruht sich backstage aus. Foto: Per-Anders Pettersson

2009 arbeitete Per-Anders Pettersson erstmals auf der Fashion Week in Johannesburg, womit seine Faszination von der afrikanischen Modeszene begann. Inzwischen hat der vielfach preisgekrönte Fotojournalist, der im ersten Golfkrieg fotografierte, in den Balkankriegen in den 1990er Jahren und dann auch in Afghanistan, mehr als 40 Modewochen in 16 afrikanischen Ländern dokumentiert. Dort ist er inzwischen ein bekanntes Gesicht.

Aufgrund des wirtschaftlichen Wachstums des Kontinents entsteht dort eine blühende Modeszene. Denn in einer ganzen Reihe von afrikanischen Ländern boomt die Mittelschicht, die Geld für Luxusartikel wie Mode und Autos ausgibt. Es wundert also nicht, dass die Modewoche in Johannesburg − nicht anders als die in Berlin − Mercedes Benz Fashion Week heißt.

Die afrikanische Mode, produktionstechnisch zwischen formell geregeltem und informellem Sektor angesiedelt, ist farbenfroh und reich an ganz unterschiedlichen stilistischen Einflüssen. Nicht überall erreicht sie qualitativ und handwerklich das Niveau, auf dem in Paris oder Mailand gearbeitet wird. Der ästhetische Reichtum des afrikanischen Kunsthandwerks und Designs freilich überzeugt die internationalen Modelabels. Sie kaufen inzwischen regelmäßig Stoffe oder produzieren ihre Entwürfe wie Vivienne Westwood gleich gemeinsam mit lokalen Mode­initiativen.

Die Produkte kommen auf den europäischen und asiatischen Markt und bieten Frauen in Kenia, Burkina Faso, Mali, Ghana und Äthiopien einen sicheren Lebensunterhalt. Arbeitsplätze und Ausbildung schaffen aber vor allem die lokalen Mode- und Schmuckdesigner wie Shaldon Kopman von Naked Ape, David Tlale, Michael Kra, Taibo Bacar oder Deola Sagoe – um nur einige zu nennen.

Per-Anders Pettersson: „Afri­can Catwalk“. Kehrer Verlag, Heidelberg 2016, 168 S., 39,90 Euro

Ihre Kollektionen lernt man auf dem „African Catwalk“ kennen, wie Per-Anders Pettersson seinen Bildband genannt hat. Seine Aufnahmen sind mal Porträts der verschiedenen Models, die inzwischen teilweise eine internationale Karriere gemacht haben; dann fotografiert er backstage den Betrieb, wenn die Models auf ihren Auftritt warten und noch herausgeputzt werden, oder wenn sie eine Zigarettenpause machen wie das kanadische, im Sudan geborene Model Aluad Anei. Wie sie dasitzt, mit ihrer tiefschwarzen Figur und dem hellblauem Hemd in einem gelben Sitzsack, ist das eine großartige Komposition aus Körper und Farbe.

Politische Gesellschaftsporträts

Ein anderes Mal werden seine Modeaufnahmen politische Gesellschaftsporträts, wenn er die Gäste fotografiert, die auf die Schau von KLûK CGDT warten, im einstmals „whites only“ vorbehaltenen Rand Club in Johannesburg.

Auch mit dem Cat Walk, für den der südafrikanische Modemacher David Tlale dem Alter Nelson Mandelas entsprechend 92 Models über die nach ihm benannte Brücke schickte, fotografierte Per-Anders Pettersson ein ebenso politisches wie modisches Statement. Und das ist sie wirklich, die afrikanische Mode.

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