Bildhauer-Museum wiedereröffnet: Der Marcksismus lebt!

Nach 14 Monaten Umbaupause glänzt das Bremer Gerhard-Marcks-Haus jetzt mehr denn je. Zur Wiederöffnung gibt's gleich drei Ausstellungen.

Der neue zentrale Eingang des Gerhard Marcks Hauses.

Flanieren durch die Mittelachse: Der Eingag wurde an die Vorderseite verlegt Foto: Gerhard Marcks Haus

BREMEN taz | Am Wall stadteinwärts, rechts, ist das Schmuddelkind der ungleichen Museums- und klassizistisch gleichen Torhauszwillinge zu sehen. Der Putz bröckelt am Wilhelm-Wagenfeld-Haus, es ist beklebt, beschmiert. Mit unterschiedlich ergrauten Weißtönen im Flickenteppich-Design wird das zu kaschieren versucht. Was das Säulensextett auf der gegenüberliegenden Seite umso schnieker wirken lässt. Gerade jetzt, wo der Portikus in Glas eingefasst wurde. Das tut der traditionellen Fassadenrhetorik keinen Abbruch – und lenkt neue Aufmerksamkeit aufs Gerhard-Marcks-Haus. Nach 14-monatiger Renovierungszeit wird es am morgigen 2. Oktober wiedereröffnet.

Die Marcksisten haben nicht an-, nur vorsichtig umgebaut. Motto: in alten Räumen neue schaffen, sodass alles bleibt wie es ist – nur anders. Was gelang. Das Erdgeschoss wird besser genutzt, und die 1. Etage ist besser erschlossen. Und der Windfang funktioniert nun als Blickfang.

„Wir wollen nicht im irren Überbietungswettbewerb beim Buhlen um Aufmerksamkeit mitmachen, die den Institutionen hier auf der Kulturmeile nicht würdig ist“, betont Arie Hartog, Kustos des Hauses. Statt mit noch größerer Werbung versuche man authentisch schöner zu sein und so durch stilvolle Dezenz sichtbarer zu werden. Wenn abends etwa dieselbe Anzahl von Lampen wie zuvor leuchte, aber nun hinter Glas viel garfunkeliger wirke.

Für Barrierefreiheit hat die Stadt kein Geld

Auslöser für die Baumaßnahmen war der Wunsch nach barrierefreier Kunstpräsentation. Vor allem ein Fahrstuhl gewährleistet das nun, indem er die Ausstellungsebenen verbindet. Als Hartog die Marcks-Stiftung als Museumsträger dafür um Genehmigung gebeten hatte, erhielt er Post. „Prompt schrieb mir die Kulturbehörde, dass sie das nicht mitfinanziert. Barrierefreiheit ist zwar erklärtes politisches Ziel, aber Geld dafür in Bremen kaum vorhanden.“

Ein Glücksfall daher, dass die Waldemar-Koch-Stiftung überzeugt werden konnte, fast die kompletten zwei Millionen Euro für den Umbau zu übernehmen. „Wir hatten als private Stiftung den Vorteil, die Arbeiten nur in Bremen ausschreiben zu müssen und Unternehmen vor Ort beauftragen zu dürfen.“ Das lokale Vertrauensverhältnis sei der Grund, so Hartog, warum alles exakt im geplanten Kosten- und Zeitrahmen fertiggestellt wurde. „Man schaue, wie derweil die von der Stadt finanziell abhängige Weserburg vorangekommen ist mit ihrer Sanierung: gar nicht.“

Flanieren durchs Haupttor

Die Marcks-Besucher schleichen ab sofort nicht mehr durch einen Seiteneingang ins Museum, sondern flanieren zentral auf der Mittelachse des Altbaus durchs wieder geöffnete Haupttor. Drei Ausstellungen sind jetzt immer gleichzeitig zu erleben. In der ersten Etage soll das „Umfeld und Wirken von Gerhard Marcks in Tiefenbohrungen und Überblicken untersucht“ werden.

Vorgestellt wird derzeit Günter Busch, einstiger Direktor der Kunsthalle Bremen, auch Fachmann für figürliche Plastik und Mitgründer des Marcks-Hauses, das Hartog jetzt neu als „Museum für objektbezogene Bildhauerei“ definiert. Alles andere finde im Pavillon statt, der also nicht mehr ausschließlich Bremer Künstlern zur Verfügung steht.

Zur Premiere behauptet dort Performancekünstlerin Birgit Ramsauer: „Ich bin keine Bildhauerin.“ Sie lädt ein, in die Leere zu schauen und die Fülle zu hören. Nichts als einen Sitzquader und MP3-Player findet der Besucher vor. Kann so Geschichten lauschen, die per kuscheliger Hörbuchstimme mit großem Formulierungszauber vorgetragen werden.

Etwa die von der überfließenden Toilette, die den Pavillon flutet. Ramsauer nennt das Hörkino eine „imaginäre Skulptur“. Bei ihr sind es die Worte, bei Vincent Barré die 45, von ihrem Herstellungsprozess schrundig gezeichnete Metallskulpturen, die Bilder im Kunstbetrachterkopf evozieren sollen. „Géométrie bâ(s)tarde“ das Konzept – Abweichung von der sauberen geometrischen Gestaltung.

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