Bildungsstreik: Aktion Banküberfall: Banken verärgern junge Kunden

Mehrere hundert Schüler und Studenten verlangen Geld für "Bildung statt für Banken" - einigen Dutzend gelingt es sogar, eine Bank zu stürmen.

Schüler und Studenten vor einer gestürmten Bank Bild: ap

Studenten haben am Donnerstag mehrere "symbolische Banküberfälle" in Charlottenburg begangen. Laut Augenzeugen beteiligten sich hunderte Aktivisten an den Aktionen. Nach einer Kundgebung am Los-Angeles-Platz zogen die Demonstranten zur nahe gelegenen Bank Hypo Real Estate, zur Commerzbank auf dem Tauentzien und zur Deutschen Bank am Wittenbergplatz.

Unter den 40 Studenten, die von der Polizei in der Commerzbank festgehalten wurden (siehe Text), befanden sich auch taz-Reporter Paul Wrusch und ein Mitarbeiter von Spiegel Online. Nachdem ihre Personalien aufgenommen worden waren, wurden die Journalisten mehr als eine halbe Stunde lang im Unklaren gelassen, ob sie das Gebäude verlassen können. Ein Beamter drohte ihnen mit Platzverweis und einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch.

Am Abend räumte die Polizei den Wittenbergplatz, den mehrere hundert Demonstranten blockiert hatten.

Wild schreiend stürmen 40 Demonstranten in die Filiale der Commerzbank in der Tauentzienstraße in Charlottenburg. Sie verstreuen Konfetti und fordern im Sprechchor "Statt für Banken Geld für Bildung". Die Mitarbeiter sehen geschockt aus, vorbereitet waren sie auf diese Aktion nicht. Die Polizei ebenso wenig. Der Eingang der Bank wird eine Minute nach der Erstürmung gesperrt, das reicht allerdings nur, um die etwa 300 restlichen Demonstranten am Mitstürmen zu hindern. Die, die es kurz vor den Beamten geschafft haben, rennen in den ersten Stock und nehmen den kleinen Vorraum ein. Die Angestellten verschanzen sich hinter den Glastüren in ihren Büros und harren aus.

Der "Banküberfall" am Donnerstag war Teil des "Tag des zivilen Ungehorsams" im Rahmen des Bildungsstreiks. Mit der Aktion wollten Studenten und Schüler auf finanzielle Missstände in den Bildungseinrichtungen aufmerksam machen. "Wir haben ausgerechnet, dass ein Rettungspaket Bildung 104 Milliarden Euro schwer sein müsste", sagt Martin Schmalzbauer, einer der Organisatoren. Im Vergleich zum fast 500 Milliarden teuren Rettungsschirm für Banken sei das ein Klacks. Bafög für alle, Abschaffung aller Studiengebühren, Ausfinanzierung aller Studienplätze und bessere Bedingungen in der Schulen, so die Forderungen. "Bis gestern kam kein Geld an, deshalb müssen wir die Sache selbst in die Hand nehmen und holen, was uns zusteht", so Schmalzbauer.

Während sich die Bankangestellten ängstlich in ihren Büros verschanzen, verkünden die Bankbesetzer ihre Forderungen. "Wir wollen, dass die Filialleitung den Scheck über 33 Milliarden Euro unterschreibt, das wäre ein Anfang", ruft der 24-jährige Jakob. In der Hand hält er den symbolischen Scheck. Nach einer halben Stunde verkündet der selbst ernannte Verhandlungsführer der Bank, er könne nicht unterschreiben. "Mein Regionalleiter hat es mir nicht erlaubt", sagt er und wirkt dabei enttäuscht. Die Besetzer finden sich mit einer Visitenkarten als symbolischer Unterschrift ab.

"Wenn sie uns jetzt rauslassen ohne Repressalien, dann war das einen gelungene Aktion", sagt Jakob. Er glaubt nicht daran - und wird recht behalten. Verkehrte Welt: Die Besetzer wollen die Bank freiwillig verlassen, werden von der Polizei aber daran gehindert. Vierzig Minuten stehen sie im Eingangsbereich. "Wir nehmen jetzt ihre Personalien für eine eventuelle Strafanzeige", sagt der Einsatzleiter. Die Besetzer protestieren, kooperieren letztendlich aber. Auch zweieinhalb Stunden nach Erstürmung sitzen am Donnerstagabend noch einige in der Bankbesetzer in der Commerzbank fest, immer nur einzeln lässt die Polizei sie zur Personalienfeststellung raus. Aber immerhin: Die Demonstranten haben das erreicht, was sie sich vorgenommen hatten: die Stürmung und Blockade einer Bank.

Zuvor am Nachmittag findet die offizielle Demo vor der Zentrale der Hypo Real Estate (HRE) in der Rankestraße statt. Deren Beginn verläuft ebenfalls stürmisch. Als eine Gruppe von 150 Fahrradfahrern zur Kundgebung stößt, wird sie begeistert empfangen. Nur fünf Minuten später ist es mit der Begeisterung vorbei. Ein Demonstrant wird von zwei schwarz gekleideten Zivilpolizisten festgenommen. "Die haben mich völlig willkürlich rausgepickt und gewaltsam zum Auto geschleppt", sagt der 24-Jährige später. Der Polizeibus, der den Festgenommenen wegfahren will, wird innerhalb von wenigen Sekunden umzingelt und mit Sitzblockaden an der Weiterfahrt gehindert. Nach 20 Minuten wird der Demonstrant freigelassen. "Ich haue hier jetzt ab, das ist mit zu blöd", sagt er sichtlich mitgenommen.

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