Biopiraterie und Pharma: Umckaloabo unter Verdacht

Eine südafrikanische Gemeinde ficht am Montag Patente der Pharmafirma Schwabe an. Schwabe wehrt sich gegen den Vorwurf, traditionelles Wissen von anderen zu nutzen und sieht sich im Recht.

Perlagonium sidoides. Das Medikament wird aus der Wurzelknolle hergestellt. Bild: peganum – Lizenz: CC-BY-SA

Wer an einer Erkältung oder einer Entzündung der Bronchien erkrankt, greift in Deutschland immer häufiger zu dem pflanzlichen Medikament Umckaloabo. Nach Medienberichten soll der Umsatz des Medikamentes rasant gestiegen sein – von 8 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 80 Millionen Euro im Jahr 2006. Offizielle und aktuelle Zahlen nannte das deutsche Pharmaunternehmen Schwabe, das sich auf die Herstellung pflanzlicher Arzneimittel spezialisiert hat, auf Anfrage nicht.

Für die Herstellung des Medikamentes hat das Unternehmen Patente auf die aus Südafrika stammende Heilpflanze Pelargonium gewährt bekommen. Zwei Nichtregierungsorganisationen, das afrikanische Zentrum für Biosicherheit (ACB) und die Schweizer Organisation "Erklärung von Bern", erheben am Montag im Namen der betroffenen südafrikanischen Gemeinde Alice Einspruch vor dem Europäischen Patentamt in München. Der Vorwurf: Schwabe habe traditionelles Wissen genutzt und die Gemeinde nicht entsprechend an den Gewinnen beteiligt.

Der Name "Umckaloabo" klingt fremd. Es ist eine Zusammensetzung aus zwei Wörtern der südafrikanischen Sprache Zulu: "umkhulane" und "uhlabo", die Symptome wie Husten, Fieber und Schmerzen im Brustkorb beschreiben. Grundlage für die Herstellung von Umckaloabo ist ein Extrakt aus der Wurzel von Pelargonium, einer wilden Geranienart. Diese Pflanze kommt in kargen Regionen der südafrikanischen Provinz Eastern Cap und in Lesotho vor.

Das Medikament Umckaloabo wird aus der südafrikanischen Kapland-Pelargonie hergestellt. Im Volksmund wird die Pelargonie häufig als "Geranie" bezeichnet.

Pelargonienwurzelextrakt wird ursprünglich aus den Wurzeln der südafrikanischen Kapland-Pelagonie Pelargonium sidoides hergestellt; für das Arzneimittel als Alkoholauszug im Verhältnis von 1:8 bis 1:10. Pelargonienwurzelextrakt wird als Grundstoff für die Herstellung von Arzneimitteln zur Behandlung akuter Bronchitis verwendet, er soll gegen Viren und Bakterien sowie schleimlösend wirken.

Das in Deutschland und Österreich apothekenpflichtige Arzneimittel ist unter dem Namen Umckaloabo sowie als Kaloba – in Form von Tropflösung oder Filmtabletten – im Handel.

(mit Material der Wikipedia – Lizenz: CC-BY-SA)

Schwabe ist auf den Import der Pflanze angewiesen und hat sich vier Patente gewähren lassen. Eines der Patente umfasst die Methode zur Gewinnung des Extraktes aus der Wurzel. Die Firma sieht ihr Herstellungsverfahren als eine eigene Forschungsleistung.

"Die nutzen unser Wissen und kopieren eine traditionelle Standardmethode", sagte hingegen Mariam Mayet von ACB. "Dafür müssen sie gemäß der UN-Konvention über biologische Vielfalt eine Genehmigung bei den Gemeinschaften, deren traditionelles Wissen sie nutzen, einholen", so Mayet. Bislang hätte Schwabe dies nicht getan und sei nur auf andere Gemeinden zugegangen, um mit denen ein Abkommen über eine Nutzenbeteiligung abzuschließen.

Das Unternehmen Schwabe sieht das anders: "Wir haben ein Abkommen bezüglich Benefit Sharing mit den Communitys geschlossen, das vom Department of Economic Affairs, Environment and Tourism, der zuständigen Behörde auf Provinz-Ebene, geprüft und bestätigt wurde", sagte Traugott Ullrich, Sprecher des Unternehmens. Der Grund für das Abkommen über die Gewinnbeteiligung sei der Import von Pelargonium-Pflanzen als Ressource, der unter die Vorschriften der Biodiversitätskonvention falle und nicht die Verwendung traditionellen Wissens, so Ullrich weiter.

Für Michael Frein vom Evangelischen Entwicklungsdienst, einer deutschen Nichtregierungsorganisation, die den Einspruch vor dem Patentamt in München unterstützt, stellen die Abkommen zur Nutzenbeteiligung nichts als eine "Ausrede" von Schwabe dar. "Man kann sich nicht loskaufen."

Das afrikanische Zentrum für Biosicherheit beklagt darüber hinaus, dass die Pelargonium-Pflanzen vom Aussterben bedroht seien, da wilde und illegale Ernten stattfänden, mit denen die Menschen in der Region versuchten, Geld zu verdienen. Aktivistin Mayet fordert daher, die Pflanzenarten unter Schutz zu stellen und nicht, wie es die südafrikanische Regierung vorsehe, einen Managementplan aufzustellen. "Wir fordern nur ein Stück Gerechtigkeit", sagte Mayet, "aber letztlich muss die Regierung das Problem lösen."

Der Streit über die Verwendung traditionellen Wissens im Herstellungsverfahren wird von der zweiten Instanz des europäischen Patentamtes entschieden. Problematisch ist aus Sicht des Evangelischen Entwicklungsdienstes allerdings, dass das Patentamt über seine eigenen Entscheidungen richtet. So sitze in dem Gremium auch eine Person, die das Patent mit erteilt habe.

Der Rechtsanwalt Fritz Dolder, der die einsprechenden Parteien vertritt, sieht den Verhandlungen dennoch positiv entgegen: "Schwabe musste seine ursprünglichen Schutzansprüche im Patent schon sehr einschränken", so Dolder.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.