Blair vor Ausschuss wegen Abhörskandal: Ziemlich gute Freunde

Ex-Premier Blair bestreitet vor dem Ausschuss zum Abhörskandal bei Murdoch nicht eine gewisse Nähe zum Medienmogul. Ziel von dessen Lobbyismus sei er aber nicht gewesen.

Tony Blair auf dem Weg zur Befragung. Bild: dapd

Tony Blair, von 1997 bis 2007 britischer Premierminister, war der Mann, der am meisten von Rupert Murdochs Medienmacht profitiert haben soll. Für seine Wahl hatten Murdochs Blätter getrommelt. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Regierungs-Pressestabes hatte den Medientycoon sogar als „24. Kabinettsmitglied“ bezeichnet.

Doch davon wollte der Ex-Premierminister bei seiner Befragung vor der Leveson-Inquiry („Leveson-Befragung“) nichts wissen. Der Gerichtsausschuss unter Vorsitz von Lordrichter Brian Leveson soll den Abhör-Skandal bei Murdochs Blättern aufklären und Spielregeln für eine künftige Selbstkontrolle der Presse formulieren. Blair rechtfertigte vor dem Ausschuss seine engen Kontakte zu Murdoch und den ChefredakteurInnen seiner Blätter: „Es wäre doch merkwürdig, wenn es zwischen ranghohen Politiken und wichtigen Journalisten keine engen Beziehungen gäbe“, sagte Blair.

Und dass er beziehungsweise seine Regierung nie wirklich Ziel von Lobby-Anstrengungen Murdochs gewesen sei, das britische Medienrecht zugunsten des Tycoons anzupassen. Vielmehr habe seine Regierung gleich mehrfach gegen Murdochs Interessen verstoßen – durch die Ausweitung des Programmauftrags und höhere Gebühren für die öffentlich-rechtliche BBC, durch die Einführung der neuen Medienregulierungsbehörde Ofcom oder durch den Beschluss des Kartellamts, der den Kauf des Fußballclubs Manchester United durch Murdochs TV-Sender BSkyB untersagte.

Gestritten wie die Besenbinder, so Blair, habe man sich höchstens in Sachen Europa. Behauptungen früherer Mitarbeiter, Blair habe zugesagt, Änderungen seiner Europapolitik zunächst mit dem Euroskeptiker Murdoch abzustimmen, seien aber „komplett falsch“. Blair gab aber zu, dass es „sehr hart sein konnte, eine Politik durchzusetzen“, wenn es „mit ziemlicher Sicherheit eine intensivene Medienkampagne dagegen geben würde“.

Patenonkel von Grace

Doch Europa hatte wenig mit Medien zu tun, und hier gab es zu Blairs Zeiten keinen größeren Dissens mit Murdoch. Im Gegenteil: Blairs Regierung zwang 2004 den kämpferischen BBC-Chef Greg Dyke, der Murdoch ein Dorn im Auge war, zum Rücktritt. Übrigens auch mittels einer Befragung vor einem Lordrichter.

Blair gab sogar selbst zu, dass sich am Ende seiner Amtszeit schon eine gewisse Nähe eingestellt habe, auch und vor allem zu Rupert Murdoch selbst – und zu Rebekkah Brooks. Gegen die ehemalige Sun-Chefredakteurin, die später als Geschäftsführerin Murdochs Londoner Zeitungsverlage leitete, wurde am 15. Mai im Zuge des Phonehacking-Skandals Anklage erhoben. Blair hatte ihr einen aufmunternden Gruß geschickt, er sei „very sorry“, was da mit ihr passiert sei, „ohne das ich irgendetwas über die Fakten in diesem Fall weiß“, bestätigte der Expremier – er sei nun mal kein „Fairweather-Friend“, der sich bei Ärger gleich aus dem Staub mache. Sondern ein Expremier, der in Sachen Nähe zur Medienmacht mit sich im Reinen ist: Patenonkel von Murdochs zweitjüngster Tochter Grace wurde Blair erst 2011 – „lange nachdem ich aus dem Amt geschieden war“.

Hintergrund des BBC-Rausschmisses 2004 waren übrigens der Irakkrieg und die von Blair als Rechtfertigung herangezogenen und, wie man heute weiß, falschen Gerüchte über einsatzbereite Massenvernichtungswaffen. Diese Vergangenheit holte den Expremier am Montag vor der Leveson-Inquiry wieder ein: Aus dem Hintergrund erschien im Gerichtssaal plötzlich ein Mann, der Blair als „Kriegsverbrecher“ beschimpfte – und abgeführt wurde.

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