Blockadeaktionen in Hamburg: Kein Durchkommen?

AktivistInnen wollen in Hamburg am Freitag die Konvois der G20-Gäste stoppen und die Logistik im Hafen blockieren.

PolizistInnen in Aufstellung

Können die Demonstrierenden die Polizei in Schach halten? Foto: ap

HAMBURG taz | Es soll kein Durchkommen geben: Am Freitagmorgen sollen in Hamburg die – neben der Großdemonstration am Samstag – zentralen Protestaktionen stattfinden. Die bundesweiten Bündnisse Interventionistische Linke (IL) und „… ums Ganze!“ rufen zu Blockaden auf.

Die IL hat sich vorgenommen, „Farbe in die Zone der Angst und Trauer“ zu bringen. Das Ziel ist die Hochsicherheitszone um die Messehallen. Die IL will verhindern, dass die Staatsgäste den Tagungsort erreichen. Praktisch bedeutet das, zu versuchen, auf die Protokollstrecken zu gelangen, auf denen die Gipfelteilnehmer*innen zwischen Hotels, Messehallen und Elbphilharmonie pendeln.

Es gibt zwei Treffpunkte: An den Landungsbrücken und am Berliner Tor, jeweils um sieben Uhr morgens. Ein dritter Treffpunkt wird kurzfristig über Twitter bekannt gegeben. Einen vierten soll es um 15 Uhr für die geben, die nachkommen, oder falls die Lage zu unübersichtlich wird. Von dort aus soll sich die Menge in verschiedene Gruppen, sogenannte „Finger“, mit thematischen Schwerpunkten aufteilen.

Es gibt etwa einen queerfeministischer Finger in Lila oder einen grünen zum Thema Gesundheit. Natürlich seien aber alle Farben willkommen, schließlich gehe es darum, die Zone bunt zu machen, sagte der Aktionssprecher Nico Berg.

Aktivist*innen haben die „Fünf-Finger-Taktik“ bereits bei der Blockade des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm eingesetzt. Dabei teilt sich ein großer Demozug in mehrere kleine Einheiten und versucht, Polizeiabsperrungen zu umgehen. Das nennt sich „umfließen“.

Blockade im Hafengebiet

Erfunden haben diese Taktiken Anti-Castor-Aktivisten aus dem Wendland. Jochen Stay, heute Geschäftsführer der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, erinnert sich an den 25. März 2001. Damals war er bei der Kampagne „x1.000mal quer“, die eine gewaltfreie Massenblockade eines Castortransports nach Gorleben organisierte. Mit fünf MitstreiterInnen habe er in einem VW-Bus in Wendisch Evern bei Lüneburg darüber gebrütet, wie man an einer Polizeikette vorbei auf die Schienen komme, ohne die Situation zu eskalieren.

Am 7. und 8. Juli treffen sich in Hamburg die Staatschefs der größten Industrie- und Schwellenstaaten zum G20-Gipfel. Die taz berichtet dazu in einem laufend aktualisierten Schwerpunkt und ab dem 1. Juli mit täglich 8 Sonderseiten.

„Gute Ideen werden oft mehrfach geboren, aber für deutsche Zusammenhänge haben wir dort die Fünf-Finger-Taktik und das Umfließen als Methoden entwickelt“, sagt Stay. Das habe wunderbar funktioniert: In der ländlichen Situation im Wendland entstanden Lücken in den Polizeiketten, sobald sich die Demo auffächerte. Wurde einer festgehalten, gingen die anderen einfach weiter. „Das war neu und ungewohnt“, sagt Stay, sowohl für Demonstranten als auch für die Polizei. In einer Stadt sei die Taktik schwieriger, aber seit 2001 sei weiter daran gefeilt worden.

Zeitgleich zu den Aktionen an der Messe organisiert das antinationale „… ums Ganze!“-Bündnis eine Blockade im Hafengebiet. Auch sie wollen Polizeiabsperrungen ­„umfließen“, um an ihre Aktionsorte zu kommen. Treffpunkte sind jeweils um 8 Uhr der Stübenplatz und das Hafenmuseum beim S-Bahnhof Veddel.

„Die Regierungen sind im kapitalistischen System nicht mehr als Sachverwalter von Kapital- und Warenströmen“, schreibt „… ums Ganze“. Deshalb wolle man lieber die Logistik des Kapitals direkt unterbrechen, statt das Gipfeltreffen direkt zu stören.

Einen Teilerfolg haben die Blockierer*innen aus ihrer Sicht bereits jetzt erreicht: Wegen der Aktion wurden den Hafenunternehmen zahlreiche Straßensperrungen angekündigt, darunter Hauptversorgungsachsen wie der Veddeler Damm oder die Köhlbrandbrücke.

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