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Börsenstart der Marinesparte von ThyssenNicht nur An­le­ge­r:in­nen sollten profitieren

Anja Krüger

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Anja Krüger

Rüstungsunternehmen werden in den kommenden Jahren enorm von öffentlichen Aufträgen profitieren. Davon muss auch die Allgemeinheit etwas haben.

Ein im Bau befindliches U-Boot liegt in der Werft von ThyssenKrupp Marine Systems: Geld machen durch Aufrüstung Foto: Marcus Brandt/dpa

D er Konzern Thyssenkrupp hat seine Marinesparte TKMS an die Börse gebracht. Die Aktie hat einen imposanten Start hingelegt. Kein Wunder: Die Geschäftsaussichten für das Unternehmen, dass Kriegsschiffe und U-Boote baut, sind sehr gut. An­le­ge­r:in­nen erwarten satte Profite. Nicht nur, aber auch Deutschland steckt viel Geld in Aufrüstung und versorgt TKMS mit Aufträgen in Milliardenhöhe.

Die Bundesregierung hat sich bestimmte Mitspracherechte gesichert, damit sie an strategischen Entscheidungen des Unternehmens beteiligt ist. Das ist gut. Eine staatliche Beteiligung gibt es aber nicht. Das ist schlecht. So werden wieder einmal die Kosten sozialisiert und die Gewinne privatisiert.

Und nicht nur das. Un­ter­neh­mens­eig­ne­r:in­nen und An­le­ge­r:in­nen werden an der Aufrüstung in den kommenden Jahren extrem viel verdienen. Gleichzeitig wird nach dem Willen von Schwarz-Rot das neue Tariftreuegesetz nicht für Beschaffungsaufträge der Bundeswehr gelten.

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Das Gesetz sieht vor, dass für Beschäftigte von Unternehmen, die öffentliche Aufträge bekommen, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gelten müssen, etwa bei Entlohung, Urlaubstagen oder Weihnachtsgeld. Für die Rüstungsbranche gilt das nicht – obwohl Hunderte von Milliarden an die Unternehmen fließen werden. Für die Beschäftigten von TKMS mag das wegen der dort starken Gewerkschaft kein größeres Problem sein. Aber für die Mit­ar­bei­te­r:in­nen der vielen Zulieferer durchaus.

Abgesehen davon, dass die Beschäftigten vom kommenden Rüstungsboom nicht angemessen profitieren sollen: Es ist nicht einzusehen, dass von den künftig anstehenden wahnwitzigen Gewinnen in der Branche nur die Kapitalseite etwas haben soll. Auch die Allgemeinheit muss etwas davon haben. Denn die muss schließlich für die hohen Rüstungsausgaben aufkommen.

Wenn der Staat schon nicht selbst die Gewinne in der Rüstungsindustrie einstreicht, muss er wenigstens eine Übergewinnsteuer einführen und so nicht angemessenen Gewinne abschöpfen. Wie „nicht angemessen“ definiert werden kann, zeigen zahlreiche historische Beispiele etwa in den USA oder Großbritannien.

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Anja Krüger
Parlamentskorrespondentin
Schwerpunkte Wirtschaft- und Energiepolitik
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10 Kommentare

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  • Unternehmen zahlen 15% Gewerbesteuer und 15% Körperschaftsteuer.

    Bei Ausschüttung wird 25% Abgeltungsteuer fällig.

    Noch nicht genug profitiert?

    • @Yannis Pappas:

      Falsch! Bei Ausschüttungen wird 25% Abgeltungssteuer + davon 5.5% Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer fällig, also mindestens 26,375%. In den USA und Belgien sind es glatte 30% Quellensteuer.



      Bei der Gewerbesteuer hängt es von der Gesellschaftsform (Kapitalgesellschaft/Personengesellschaft) und dem Hebesatz (Durchschnitt = 437%) ab. Die Gewerbesteuer geht an die Gemeinde.



      Die Körperschaftssteuer ist 15% + davon 5,5% Soli, also 15,825% (Deutschland). Sie geht je zur Hälfte an den Bund und das Bundesland. In Österreich ist sie höher (23%). Dort gibt es statt der Gewerbesteuer die Kommunalsteuer (3% auf die Bruttolöhne).



      Warum sollte der Staat nicht profitieren? Schließlich stellt er einen großen Teil der Infrastruktur zur Verfügung, sorgt für Rechtssicherheit etc.

  • Verstehe ich nicht. Jede(r), der/die Lust hat, kann von seinem/ihrem Geld Aktien seines/ihres Lieblingsunternehmens erwerben, auch von TKMS (Isin: DE000TKMS001) und ist somit an den Gewinnen beteiligt. Wer keine Rüstungsunternehmen kaufen will, lässt's halt bleiben. Bei den bekannten Neobrokern kostet ein Aktienkauf vergleichsweise wenig, so dass sich eine Position bereits ab 200€ lohnen kann. Allerdings sind Rüstungsaktien i. d. R. nicht so die Bringer - viel zu volatil, nur kurzfristig stark im Aufwind und, wenn Frieden ausbricht, langfristig uninteressant. Dann lieber doch ein Nasdaq 100 ETF.



    Eine Aktiengesellschaft ist die demokratischste Form einer Kapitalgesellschaft: Wer Aktien besitzt, hat ein Mitspracherecht und erhält entsprechende Gewinnausschüttungen.

    • @Aurego:

      Kapitalismus ist grundlegend böse, verstehen Sie das doch bitte.



      Das noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte weniger Menschen in Armut lebten oder Hunger leiden mussten ist kein gültiges Argument, wo kämen wir denn dahin wenn Fakten vor Ideologie stünden.

  • "Das Gesetz sieht vor, dass für Beschäftigte von Unternehmen, die öffentliche Aufträge bekommen, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gelten müssen, etwa bei Entlohung, Urlaubstagen oder Weihnachtsgeld. Für die Rüstungsbranche gilt das nicht – ..."



    In der deutschen Rüstungsindustrie geht es den Arbeitnehmern sehr gut. Da kann IG-Metall einpacken. Das wäre für die ein Abstieg vom Status Quo.

  • Anders als im Artikel suggeriert profitiert die Öffentlichkeit doch bereits. Im Deutschland ansässige Rüstungsunternehmen zahlen auf den Gewinn rd. 30 Prozent Ertragsteuern. Dazu kommen dann noch Umsatzsteuern und Steuern bei der Ausschüttung an Anleger.

    Es gibt keinen Grund dies jetzt zu verheimlichen um dann eine obskure "Übergewinnsteuer" zu etablieren.

    Wenn der Staat auf Profite der Anleger neidisch sein sollte, dann sollte er einfach investieren.

    • @DiMa:

      Wenn der Staat das Zeug kauft, woher soll dann die Umsatzsteuer kommen? Vom Staat an den Staat? Das wäre ein Nullsummenspiel. Das Ausland zahlt eh keine Umsatzsteuer. Vergessen Sie die Umsatzsteuer im Zusammenhang mit Rüstungsprodukten also am besten gleich wieder!

    • @DiMa:

      Dazu ist der Staat ja der Hauptkunde, redet bei jeder Exportgenehmigung im Detail mit und diktiert quasi die Preise. Wieviel Gewinn die bei einem Geschäft machen weiß der Staat genau und ist da auch nicht zu knausrig, denn er will ja dass diese Firmen Rücklagen bilden und sie langfristig stabil sind. Wäre ja auch doof wenn er für sein milliardenteures U-Boot nach 25 Jahren keine Ersatzteile mehr bekommt.

  • Was wäre ein angemessener Anteil an Aktien, die der Bund halten sollte und wer mit Ahnung sollte das Stimmrecht wahrnehmen?

  • Der Hallenwart in meinem Betrieb hat im Rahmen des Börsenganges gestern 1800€ Gewinn (Netto) realisiert. Geht's noch demokratischer?