Borussia Dortmund in der Bundesliga: Defizit an Demut

Dortmund verliert bei Fortuna Düsseldorf zum ersten Mal in dieser Saison ein Bundesligaspiel. Das Team wirkt überspielt und schlecht vorbereitet.

Ein trauriger Mann in gelben Trikot

Dortmunds Jadon Sancho am Spielende Foto: reuters

DÜSSELDORF taz | Natürlich war Jacob Bruun Larsens Versuch, diesem ärgerlichen Dienstagabend die Dramatik zu nehmen, nachvollziehbar. Erstmals hatte Borussia Dortmund in dieser Bundesligasaison ein Spiel verloren, gegen Düsseldorf, diesen grauen Aufsteiger! Und dann auch noch verdient! In der Welt der kurzen Nachrichten lassen sich daraus wunderbare Schlagzeilen formulieren, also sagte Bruun Larsen beschwichtigend: „Es war ja klar, dass das irgendwann mal passieren würde.“

Das Thema mit der Unbesiegbarkeit ist jetzt endlich erledigt, nun können sie wieder zur Normalität übergehen. Wobei die Ursachen, die Marco Reus für diese Niederlage benannte, schon Fragen aufwerfen. „Im Großen und Ganzen haben wir zu wenig Gier gezeigt, zu wenig Entschlossenheit, zu wenig Freude am Fußball“, sagte der Angreifer. Lauter zentrale Merkmale dieser großartigen Hinserie fehlten.

Ist die Spannung verlorengegangen, nachdem der Klub am vorigen Wochenende den inoffiziellen Titel der Herbstmeisterschaft gewonnen hat? Sind die Dortmunder langsam genervt von den vielen Teams, die tief in der eigenen Hälfte verteidigen und intensive Zweikämpfe gegen die Künstler in der BVB-Offensive suchen? Hat sich ein Hauch von Überheblichkeit eingeschlichen? Wurde Düsseldorf womöglich nicht ernst genug genommen?

Zwischen den Zeilen deutete Reus an, dass genau solche Prozesse stattgefunden haben. „Ich weiß nicht den Namen von meinem Gegenspieler, der wäre mir auch ich weiß nicht wohin gefolgt“, berichtete der Nationalspieler, um zu illustrieren, wie sehr die intensive Düsseldorfer Defensivarbeit genervt hatte. Was diese Aussage ebenfalls nahelegte, war allerdings ein Defizit an Demut und Ernsthaftigkeit. Vor Duellen, die wirklich wichtig genommen werden, setzen professionelle Fußballer sich vorab ganz konkret mit ihren Gegenspielern auseinander, bekommen mitunter spezielle Videos über Stärken und Schwächen des Kontrahenten zugespielt. Und wenn Marco Reus sich schon ein ganzes Spiel lang erfolgreich bekämpft fühlt, wäre es nahe liegend, dass er ein gewisses Interesse an diesem starken Gegenspieler entwickelt und einen Blick auf das Trikot mit dem Namen zu wirft.

BVB-Kapitän Marco Reus

„Wir haben zu wenig Gier, zu wenig Freude am Fußball gezeigt“

„Sobottka“ hätte Reus da lesen können, Marcel Sobottka war allgegenwärtig dort in den Räumen, wo der BVB-Kapitän sonst für Gefahr sorgt. Zwar waren die Düsseldorfer Hingabe, die kluge Strategie von Friedhelm Funkel und das Spielglück des Aufsteigers wichtige Faktoren in dieser Partie. Mindestens ebenso relevant war allerdings die Trägheit des Tabellenführers, der sich bei Dodi Lukebakios 1:0 auskontern ließ (22.), und beim 2:0 ein wenig Pech hatte, dass Jean Zimmer ein unglaublicher Kunstschuss gelang (56.). „Wir haben zu wenig Leidenschaft auf den Platz gebracht, und den Kampf auch nicht so ganz angenommen“, monierte Torhüter Roman Bürki. Und Trainer Lucien Favre zeigte sich von seiner dünnhäutigen Seite, die sie in Dortmund noch gar nicht richtig kennen.

Ob er eventuell zuviel rotiert habe, wurde der Schweizer gefragt, denn mit Jadon Sancho, Raphael Guerreiro und Paco Alcácer, der nach seiner Einwechslung zum 2:1 traf (81.) saßen drei der formstärksten Angreifer auf der Bank, während die derzeit deutlich weniger überzeugenden Profis Christian Pulisic, Jacob Bruun Larsen und Mario Götze in der Startelf standen. „Haben sie festgestellt, dass sich heute zwei Spieler bei uns verletzt haben?“, fauchte der Trainer zurück. „Akanji ist out und Diallo ist out.“ Favre wollte darstellen, dass seine Spieler physisch am Anschlag sind, die These lautet: Hätte er die drei anderen aufgestellt, wären auch sie der akuten Gefahr ausgesetzt gewesen, im wichtigen Spiel gegen Borussia Mönchengladbach am Freitag auszufallen.

Dort droht nun ein Personalproblem in der Innenverteidigung. Mit Dan-Axel Zagadou und Abdou Diallo werden Spieler für diese Position sicher fehlen, Akanjis Einsatzfähigkeit ist ebenfalls fraglich. „Das macht mir schon ein bisschen Sorgen“, erzählte Bürki, der dann aber doch noch ein Plädoyer für die gute Laune hielt: „Ich finde die Vorrunde ist immer noch überragend. Wir haben ein Spiel verloren, haben uns oft aus schwierigen Situationen zurück gekämpft. Wir sind in der Champions League immer noch auf Platz eins, im Pokal sind wir noch dabei. Wir dürfen uns das jetzt nicht kaputtmachen lassen.“ Mit einem Sieg gegen Mönchengladbach können sie diese Niederlage tatsächlich schnell abhaken, sollten am Freitag aber erneut Punkte verlorengehen, wird der Tabellenführer eher mit gemischten Gefühlen Weihnachten feiern.

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