Borussia Dortmunds Ausnahmestellung: Wille und Wucht

Schon wieder enteilt Dortmund den Konkurrenten, und wieder will niemand beim BVB von der Meisterschaft reden. Schon gar nicht Menschenfänger und Tiefstapler Klopp.

Über die Arbeitsauffassung eines Shinji Kagawa (Mitte) muss man nicht mehr reden – und auch der Jubel passt. Bild: reuters

DORTMUND taz | Es war an diesem Samstagabend einfach unmöglich für einen Fußballer von Borussia Dortmund, den flirrenden Gefühlen zu entkommen. Roman Weidenfeller, der identitätsstiftende Torhüter, hatte zwar nach dem 2:1 gegen den FSV Mainz 05 seine Wollmütze ganz tief ins Gesicht gezogen und seine blonde Freundin Lisa ganz fest an die Hand genommen, doch natürlich haben ihn enthemmte Anhänger sofort erkannt, sodann zum Gratulieren kräftig auf die Schulter geklopft und Meisterschalen aus Pappmaché zum Signieren entgegengereckt. Weidenfeller ist weitergegangen. Unbeirrt.

„Wir haben nicht das Gefühl, schon halb im Ziel zu sein“, hat Jürgen Klopp konstatiert, der Lehrmeister, Menschenfänger und Tiefstapler. Selbst als der 44-Jährige erfuhr, dass der ihm einst ergebene Ägypter Mohamed Zidan – der erstaunlicherweise an alter Wirkungsstätte sein fünftes Tor im fünften Spiel erzielte (74.) – sich „zu 100 Prozent auf den Meister Dortmund“ festgelegt hatte, konterte Klopp titelverdächtig. „Wenn ich bei Mo’ alles für bare Münze genommen hätte …“, leitete er seine Replik ein. „Ihm schwappen die Emotionen über. Er hat ein tolles Tor gemacht, dass macht die Sache aber nicht wahrscheinlicher.“

Die Sache beschreibt jenes Tabuwort, dass der gesamte Verein nicht in den Mund nimmt. Mats Hummels etwa drückt sich so aus: „Letztes Jahr waren wir teilweise zweistellig vorn, da haben wir uns nie so weit aus dem Fenster gelehnt.“

Das Ambiente ist nicht zu unterschätzen

Allein Wille und Wucht verschaffen dieser versessenen Mannschaft eine Ausnahmestellung. Nach den Steilvorlagen von Bayern und Schalke hat es keine Gala gebraucht. Der filigrane Ilkay Gündogan hat so oft gegrätscht wie in Nürnberg in einer ganzen Saison, der einst als lethargisch gebrandmarkte Jakub Blaszczykowski beackerte mit Lukasz Piszczek fleißig die rechte Flanke. Und über die Arbeitsauffassung eines Shinji Kagawa sind ohnehin nicht viele Worte zu verlieren.

Nicht zu unterschätzen ist zudem das Ambiente, in der diese Belegschaft Fußball spielt: Die Lust und Leidenschaft einer Stadt und ihrer Menschen, den Idolen zu huldigen – diese Sympathiewelle wirkt wie ein Kontrastprogramm zur herrschenden Distanz in München-Fröttmaning. Nichts aber hassen die BVB-Verantwortlichen auf der Zielgeraden der Saison so wie Quervergleiche zum FC Bayern München.

Deshalb wollte auch Klopp nicht weiter darauf eingehen, dass der BVB vor dem Hinspiel gegen Mainz acht Punkte Rückstand, nun jedoch sieben Zähler Vorsprung auf die Bayern besitzen. „Letzte Saison hat mich das schon nicht interessiert. Darauf schaue ich null Komma null“, knurrte Jürgen Klopp vom Podium auf der Pressekonferenz. „Angenommen, wir haben zum Bayern-Spiel immer noch sieben Zähler und wir verlieren, dann glauben wir doch nicht, dass dann die Bayern immer noch sagen, die Meisterschaft interessiert uns nicht?“

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