Bosnien und Herzegowina will in die EU: Die Hoffnung der Bevölkerung

Verhandlungen beginnen vielleicht in einem Jahr. Die Bevölkerung verspricht sich mehr Rechtssicherheit und weniger Korruption.

zwei Männer und eine Frau am Tisch

Dragan Covic (l.), Bert Koenders (M.) und Federica Mogherini. Foto: ap

SARAJEVO taz | Niemand in Sarajevo hat bis zum Montagmorgen ernsthaft daran geglaubt, dass Bosnien und Herzegowina den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union tatsächlich stellen würde. Doch die Bilder, die dann ab 11 Uhr verbreitet wurden, trogen nicht. Der amtierende Vorsitzende des dreiköpfigen Präsidentschaftsrates, der bosnische Kroate Dragan Covic, übergab den entsprechenden Antrag dem niederländischen Außenminister Bert Koenders in Brüssel. Es war geschafft.

Noch vor wenigen Tagen gab es einen Hickhack über die Verabschiedung des Gesuchs. Vertreter der Zivilgesellschaft fürchteten schon, das Gesuch könnte in letzter Minute noch von der serbischen Teilrepublik blockiert werden. Schon vor acht Jahren wäre Bosnien und Herzegowina dieser Schritt offengestanden. Doch vor allem die nationalistischen Parteien blockierten den Fortgang der Verhandlungen.

Viele der Führer der 14 politischen Parteien, die zumeist in Korruptionsskandale verwickelt sind und nur durch Klientelsysteme ihre Stellung im Staate behaupten können, fürchten die Durchsetzung eines Rechtsstaates mit europäischen Standards. Die jetzige Einigung hängt auch mit der deutsch-britischen Initiative von 2014 zusammen, mit der ein neuer Anlauf genommen wurde, die Blockaden zu überwinden.

Die bis dahin geltende Forderung der EU, eine Verfassungsreform durchzuführen, wurde zugunsten eines Wirtschaftsplans zurück gestellt. Im Februar 2015 beschloss das bosnische Parlament eine Reformagenda, um die Wirtschaft anzukurbeln. Im Juni trat dann die Stabilisierungs- und Assoziierungsvereinbarung zwischen der EU und Bosnien und Herzegowina in Kraft.

Nun hoffen die Bosnier, dass die EU das Gesuch annimmt und die Verhandlungen über die Aufnahme des Landes 2017 beginnen können. Diese werden langwierig sein, denn im Zuge dieser Verhandlungen müssen dann doch Verfassungsänderungen vorgenommen, Verwaltungsstrukturen modernisiert und das Rechtssystem reformiert werden.

Die Bevölkerungsmehrheit hofft trotz aller Enttäuschungen über die bisher unentschlossene Haltung der EU gegenüber den Machtstrukturen im Land auf eine Besserung der Lage. Die kürzliche Verhaftung des Medienmoguls und Führers der „Fortschrittspartei“ Fahrudin Radoncic durch die von der EU mitfinanzierte Staatspolizei hat diese Hoffnungen genährt. Verhandelt wird schon mit den Nachbarstaaten Serbien, Montenegro und Mazedonien. Auch Kosovo möchte EU-Mitglied werden.

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