Bosnien und Herzegowina: Großaktion gegen Islamisten

Bei einer Razzia im Dorf Gornja Maoca werden sieben Personen verhaftet und Waffen beschlagnahmt. Der Ort gilt als Hochburg islamischer Extremisten.

Polizeikontrolle unweit des Dorfes Gornja Maoca am vergangenen Dienstag. Bild: ap

SARAJEVO taz | Der Einsatz von über 600 schwer bewaffneten Polizisten gegen ein von Islamisten bewohntes Dorf in Bosnien und Herzegowina am Dienstag ist von Nato-Sprecher Derek Chappell in Sarajevo begrüßt worden. "Die Polizei ist äußerst professionell vorgegangen, Mitglieder der Nato waren nicht beteiligt", sagte er.

Bei dieser größten Polizeiaktion seit dem Ende des Krieges 1995 wurden zehn Häuser des Dorfes Gornja Maoca (Obermaoca) durchsucht, sieben Mitglieder des rund 100 Personen umfassenden Ortes festgenommen, darunter der Gemeindevorsteher Nusret Imamovic, sein Bruder und ein Ausländer. Die Aktion wurde vom Generalstaatsanwalt Bosnien und Herzegowinas geleitet, an ihr waren regionale Polizisten und Einheiten des gesamtstaatlichen Geheimdienstes Sipa beteiligt. Es seien illegale Waffen, Computer und Handys sichergestellt worden, hieß es gestern von offizieller Seite.

Schon seit Langem ist das Dorf Gornja Maoca bei Brcko in Nordbosnien als Zentrum radikaler Islamisten, sogenannter Wahhabiten, bekannt. Seit dem 11. September 2001 sind die Aktivitäten der Islamisten von westlichen Geheimdiensten beobachtet worden. Das auf einem Hügel gelegene Dorf oberhalb der Savaebene hat sich in den letzten Jahren sogar von dem von bosnischen Muslimen bewohnten Dorf Donja Maoca (Untermaoca) abgeschottet. Die Kinder der Islamisten durften nicht mehr die öffentliche Schule besuchen und wurden zu Hause mit jordanischen Lehrbüchern unterrichtet. Mädchen wurden von jeglichem Unterricht ferngehalten.

Bisher jedoch hatte die Polizei des Kantons Tuzla nichts gegen dieses Dorf unternommen, obwohl bekannt war, dass die Bewohner gegen viele Gesetze des Landes verstoßen haben. 2007 hatten bosnische Medien breit über das Dorf berichtet und die Missstände angeprangert - Besuchern von außerhalb wurde der Zutritt verweigert Daraufhin rückte die Polizei des Kantons Tuzla in das Dorf ein und fertigte einen Bericht an. Doch damals reagierten die Behörden des von der muslimischen Nationalpartei SDA geführten Kantons nicht.

Obermaoca wurde kurz nach dem Krieg Rückzugsgebiet einiger islamistischer Freiwilliger, die im Krieg 1992-95 in den Reihen der bosnischen Armee gegen die serbischen Streitkräfte gekämpft hatten. Zwar mussten die meisten arabischen Freiwilligen 1996 das Land verlassen, bleiben konnten jedoch diejenigen, die mit bosnischen Frauen verheiratet waren. Der Ort zog auch einige während des Krieges radikalisierte, bosnische Islamisten an, die sich gegen die weltoffene Theologie des bosnischen Islam stellten.

Die Islamisten in Obermaoca sind beeinflusst durch die Lehren Wahhabs, des Gründers der Staatsreligion in Saudi-Arabien. Diesen Lehren hängt auch der Topterrorist Ussama Bin Laden an. Bei einem Besuch in Obermaoca 2005 erklärten die Islamisten gegenüber der taz, der bosnische Islam sei "kein richtiger Islam, die Frauen tragen keinen Schleier, und Männer trinken Alkohol". Die langhaarigen und bärtigen Männer der Kommune sehen sich als Speerspitze des "wahren Glaubens" und betrachten die USA, den Westen und den bosnischen Islam als Feinde, die es zu bekämpfen gilt. Die jetzt in Maoca lebende Gruppe setzt sich vor allem aus bosnischen Wahhabiten zusammen.

In den letzten Jahren ist der Widerstand gegen die Wahhabiten in Bosnien gewachsen. Vor drei Jahren vertrieben die muslimischen Bewohner eines Dorfs, in der Nähe des Ortes Kalesija und 20 Kilometer von Obermaoca entfernt, Wahhabiten aus der Moschee ihres Dorfs, die diese besetzt hielten.

Seither gilt Gornja Maoca als letzte Hochburg dieser extremem Islamisten in Bosnien und Herzegowina. Die Gruppe hatte aber offenbar vor, nach Kalesija zurückzukehren, und mehrere Hektar Land aufgekauft, um dort ein neues Dorf zu gründen. Wie sich gestern herausstellte, unterhalten die Wahhabiten von Obermaoca Kontakte zu Unterstützerkreisen in Österreich.

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