Brand von Asylunterkunft bei Wismar: Feuerwehrmann festgenommen

Vor vier Wochen brannte eine Flüchtlingsunterkunft für Ukrainer in Groß Strömkendorf. Die Polizei hat einen Tatverdächtigen festgenommen.

Ein abgebranntes Haus

Die Reste des Hotelgebäudes nach dem Brand in der Nacht zum 20. Oktober Foto: Jens Büttner/dpa

BERLIN taz | Nach dem Brand einer Unterkunft für ukrainische Geflüchtete in Groß Strömkendorf bei Wismar (Mecklenburg-Vorpommern) hat die Polizei einen Tatverdächtigen festgenommen: einen 32-jährigen freiwilligen Feuerwehrmann. Er wird beschuldigt, auch für andere Brandstiftungen in der Region verantwortlich zu sein – bestreitet aber die Taten.

Die Festnahme erfolgte aufgrund von Zeugenaussagen und Spuren an den Tatorten, teilte die Staatsanwaltschaft Schwerin mit. So wurden zu der Tat auch mehrere Feuerwehrleute befragt, darunter auch der Tatverdächtige – der sich dabei in Widersprüche verstrickt haben soll.

Der bisher nicht vorbestrafte Beschuldigte soll in den Abendstunden des 19. Oktober das Reetdach der Unterkunft angezündet haben, in der sich damals 14 Ukrai­ne­r:in­nen und drei Betreuer befanden. Alle konnten unverletzt aus dem Haus flüchten. Das Haus aber brannte fast komplett nieder, es entstand ein Sachschaden in Millionenhöhe.

Nach der Tat hatte die Polizei eine eigene Ermittlungsgruppe gegründet und ein politisches Motiv für möglich gehalten, auch weil es wenige Tage zuvor zu einer Hakenkreuzschmiererei auf dem Eingangsschild der Unterkunft kam. Hierbei hätten die Ermittlungen aber keinen Zusammenhang zu der Brandstiftung ergeben, teilte die Staatsanwaltschaft nun mit. Deshalb gebe es auch keine Anhaltspunkte für ein politisches Motiv des Brandes.

Der Verdächtige soll für Brandserie verantwortlich sein

Vielmehr sehen die Ermittler den 32-Jährigen als Serienbrandstifter. Schon seit Monaten lief eine Brandserie in der Region, mit insgesamt 19 Bränden – worauf ebenso nach dem Brand in Groß Strömkendorf hingewiesen wurde. Die Ermittler wollen nun eine Tatbeteiligung des 32-Jährigen an Bränden am 30. Juni in einem Waldgebiet, am 12. August an einem Carport und am 12. September an 300 bis 500 Strohballen auf einem Acker nachweisen können. Der Verdächtige soll später an den Feuerwehreinsätzen beteiligt, aber auch zuvor schon an den Tatorten gewesen sein. Die Ermittlungen zu den anderen Bränden liefen weiter, so die Staatsanwaltschaft.

Offen bleibt aber, warum ausgerechnet die Geflüchtetenunterkunft Teil der Serie wurde – und ob bei dieser Tat nicht doch auch ein politisches Motiv infrage kommt. Zudem ist ungeklärt, wer für die Hakenkreuzschmiererei vor dem Brand verantwortlich ist.

Tat löste bundesweit Entsetzen aus

Die Brandstiftung an der Geflüchtetenunterkunft hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesintegrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) reisten in den Ort und verurteilten die Tat scharf. Auch mit einem Benefizkonzert wurden im Anschluss Spenden für die Geflüchteten gesammelt.

Landesinnenminister Christian Pegel (SPD) zeigte sich am Mittwoch erleichtert über die Festnahme. „Ich hoffe, damit ist den vielfältigen Spekulationen, wie es zu dem Feuer in der Unterkunft für ukrainische Kriegsflüchtlinge in dem kleinen Ort im Landkreis Nordwestmecklenburg kam, ein Ende gesetzt“, sagte er.

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