Brandenburg überprüft Hintergründe: Rechtsextreme Morde?

18 Morde sollen in Brandenburg auf mögliche rechtradikale Hintergründe neu überprüft werden. Hintergrund ist das Versagen bei den NSU-Ermittlungen.

Nicht nur die Spurensicherung in Brandenburg soll 18 Mordfälle auf rechtsradikale Hintergründe untersuchen. Bild: dapd

POTSDAM epd | In Brandenburg sollen mindestens 18 seit 1990 verübte Morde neu auf mögliche rechtsextreme Hintergründe überprüft werden. Die Tötungsdelikte seien bislang nicht in der entsprechenden Polizeistatistik erfasst, obwohl rechtsextreme Motive vermutet würden, berichten die Potsdamer Neuesten Nachrichten (Mittwochsausgabe). Innenminister Dietmar Woidke (SPD) habe nun angekündigt, die Fälle neu aufzurollen.

Die brandenburgische Polizeistatistik verzeichnet den Angaben zufolge seit 1990 neun Todesopfer rechter Gewalt. Der Verein Opferperspektive und mehrere Zeitungen gehen hingegen von 27 aus. Bundesweit gab es seit 1990 offiziellen Angaben zufolge 63 Todesopfer rechter Gewalt. Andere Quellen wie Medien und Opfervereine gehen von mindestens 148 Toten aus.

Brandenburg sei es den Opfern und ihren Angehörigen schuldig, mögliche rechtsextreme Hintergründe der Tötungsverbrechen aufzuklären, sagte Woidke der Zeitung. Auch die bundesweiten Angaben müssten besonders im Zusammenhang mit den NSU-Ermittlungen neu geprüft werden, betonte der Innenminister. „Dazu bekenne ich mich ganz klar.“

Das brandenburgische Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit hatte am Montagabend von der Landesregierung eine Überprüfung der Tötungsverbrechen gefordert, bei denen rechte Motive vermutet werden, aber bislang nicht anerkannt sind.

Das Polizeipräsidium habe die Akten zu den Fällen bereits bei den Staatsanwaltschaften angefordert und werte diese derzeit umfassend aus, hieß es weiter. Bislang haben den Angaben zufolge nur Sachsen und Sachsen-Anhalt mehrere zurückliegende Fälle überprüft und zwei sächsische sowie drei Fälle in Sachsen-Anhalt nachträglich als rechtsextreme Morde eingestuft. In Berlin habe eine Überprüfung von Altfällen keine neue Einordnung ergeben.

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