Brandstiftung in Hamburg: Drei Tote in Migranten-Haus

In einem Hamburger Mehrfamilienhaus, in dem ausschließlich Migranten wohnen, wird Feuer gelegt. Eine Mutter und ihre zwei Söhne kommen ums Leben.

Von der Polizei abgesperrt: Verrußter Eingang des Hauses in Eimsbüttel. Bild: dpa

HAMBURG taz | Bei einem Schwelbrand in einem fünfgeschossigen Mehrfamilienhaus in der Eimsbüttler Straße 75 sind eine 33-jährige Mutter und ihre sechs und sieben Jahre alten Söhne ums Leben gekommen. Fünf weitere Personen wurden schwer verletzt, weitere 26 Personen wurden mit leichten Verletzungen in Kliniken eingeliefert oder im Großraumrettungswagen ambulant behaltet. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

„Die Brandermittler des Landeskriminalamtes haben einen Kinderwagen im Treppenhaus eindeutig als Brandherd ausgemacht“, sagte Polizeisprecher Holger Vehren der taz. „Ein Kinderwagen entzündet sich normalerweise nicht von allein.“ Die Flammen seien dann auf einen darüber angebrachten Schalt- und Sicherungskasten übergegriffen, der funkensprühend zu Boden knallte und mehrere Kurzschlüsse und Kabelbrände auslöste. Heiße giftige Gase schossen wie in einem Kamin das Treppenhaus hinauf und stauten sich, sodass die Bewohner in den oberen Stockwerken Verbrennungen erlitten, obwohl es dort gar nicht brannte.

Die Feuerwehr war am Mittwochabend um 20.06 Uhr durch mehrere Notrufe zu dem ausschließlich von Migranten bewohnten Gebäude, das vom städtischen Betrieb Fördern und Wohnen angemietet wurde, geholt worden. Laut Anwohnerangaben wurde das Gebäude vernachlässigt. Der erste Löschzug sei um 20.11 Uhr vor Ort gewesen, sagte ein Feuerwehrsprecher. Da von Anfang an klar gewesen sei, dass „Menschenleben in Gefahr“ seien, sei vom Feuerwehr-Disponenten sofort ein „zweiter Alarm“ ausgegeben und ein weiterer Löschzug entsandt worden, der zwei Minuten später eingetroffen sei.

„Das ist optimal“, sagte der Feuerwehrsprecher und wies die Kritik zurück, halbherzig vorgegangen zu sein. Anwohner hatten noch in der Nacht den Eindruck geäußert, die Feuerwehr habe sich sehr viel Zeit gelassen, um die an den Fenstern und auf einem Balkon um Hilfe rufenden Menschen zu retten. „Ich dachte immer, warum holen die die Leute nicht raus, das hat doch Vorrang“, so eine Anwohnerin zur taz. „Das ist eine subjektive Wahrnehmung, die sehr verständlich, aber falsch ist“, sagte der Feuerwehrsprecher. In einer solchen Situation komme einem eine Minute wie eine Viertelstunde vor. Es sei jedoch notwendig gewesen, dass sich der Zugführer zunächst einen Überblick verschaffe, dass nicht an der Rückfront ein offenes, noch gefährlicheres Feuer lodere. Danach seien unverzüglich zwölf Personen über Drehleitern, sechs Menschen über Leitern und der Rest mit „Fluchthauben“ zum Rauchschutz über das Treppenhaus geborgen worden.

Bei der Durchsuchung aller Wohnungen war im Dachgeschoss die tote Mutter mit ihren Söhnen entdeckt worden. Sie waren an hochgiftigen Rauchgasen erstickt, als sie vermutlich durch das Treppenhaus fliehen wollten, jedoch fast bewusstlos in die Wohnung zurückkehrten. „Wir hätten sie auch nicht retten können, wenn wir sie vier Minuten früher gefunden hätten“, so der Feuerwehrsprecher bedrückt.

Für Donnerstagabend fand eine spontane Demonstration „gegen rassistische Morde“ vor dem Haus statt. Teilnehmern zufolge folgten dem Aufruf rund 200 Menschen. Ein Trauermarsch ist für Samstag ab 13 Uhr am S-Bahnhof Sternschanze angekündigt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.