Brasilianischer Sojaexport: Kuhfutter aus dem Regenwald

Brasiliens größte Agrarexporteure wollen Soja aus neu gerodeten Gebieten am Amazonas verkaufen. Greenpeace warnt deshalb vor weiterer Abholzung.

Sojaernte in Brasilien: Exporteure wollen abgeholzte Regenwaldflächen nutzen. Bild: dpa

BERLIN taz | In Deutschland werden wohl bald große Mengen Fleisch, Milch und Eier verkauft, für die vor kurzem Amazonas-Regenwald gerodet wurde. Denn der Verband der brasilianischen Ölsaatenhändler Abiove will offenbar den freiwilligen Boykott von Soja auslaufen lassen, die auf nach Juli 2006 gerodeten Regenwaldflächen im brasilianischen Amazonas-Gebiet gewachsen ist. Damit könnte ab Samstag von solchem Land wieder Soja kommen. Es wird vor allem als Tierfutter verwendet.

Die Zerstörung der Regenwälder trägt zum Klimawandel bei, etwa weil beim Abholzen der Bäume Treibhausgas frei wird. Zudem sind die Wälder Lebensraum zahlreicher Pflanzen- und Tierarten. In Brasilien sind allein in den zwölf Monaten bis August 2013 laut Umweltministerium 5.843 Quadratkilometer Regenwald zerstört worden – eine Fläche sechsmal so groß wie Berlin. Das sind 28 Prozent mehr als vor einem Jahr. Auf dem gerodeten Land wird nach einer Übergangszeit zum Beispiel Soja angebaut. Brasilien ist mit einem Anteil von 45 Prozent der Importe Deutschlands größter Lieferant.

Auch Hühnchen für McDonald’s „Chicken McNuggets“ wurden bis 2006 mit Soja gefüttert, der möglicherweise Regenwald zum Opfer gefallen war. Nachdem die Umweltorganisation Greenpeace dies in einer internationalen Kampagne angeprangert hatte, machte die Burgerkette Druck auf den US-Sojahändler Cargill.

Am Ende unterzeichneten alle großen in Brasilien tätigen Exporteure ein Soja-Moratorium. Es sah vor, Soja von neu gerodeten Flächen zu boykottieren. Zudem schloss es Soja aus Indianerschutzgebieten und von Farmen aus, die in moderne Sklaverei verstrickt sind.

Sojafarmer wollen weiter expandieren

Mehrmals verlängerte die Händlerlobby Abiove das Moratorium. Doch sieben Jahre nach der Greenpeace-Kampagne hat der öffentliche Druck nachgelassen – und Brasiliens Sojafarmer wollen weiter expandieren. Deshalb schickte die Händlerorganisation Abiove am 14. November an McDonald’s und andere Unternehmen einen acht Seiten langen Vorschlag, den Boykott zu beenden. „Das Soja-Moratorium … wird im Februar 2014 ersetzt durch ein neues Nachhaltigkeitsprogramm der Branche“, heißt es in dem Dokument, das der taz vorliegt.

Abiove begründet den Schritt unter anderem damit, dass Brasiliens Parlament inzwischen ein Waldgesetz verabschiedet hat. Es schreibt vor, dass nur 20 Prozent eines Grundstücks im Amazonasgebiet gerodet werden dürfen. Diese staatlichen Vorschriften seien besser als das Soja-Moratorium.

Zudem argumentieren die Handelskonzerne: Seit 2006 „wurden nur 0,6 Prozent der gerodeten Flächen in der Amazonasregion genutzt, um Sojabohnen anzubauen“. Deshalb wollen die Händler nun nur noch Farmen ausschließen, die staatlichen Listen zufolge auf illegal gerodeten Flächen oder mit Sklaven arbeiten.

„Auf diese Listen kommen sie erst, wenn sie rechtskräftig verurteilt sind. Das dauert Jahre in Brasilien“, sagt Oliver Salge, Leiter der Wald- und Meereskampagne von Greenpeace Deutschland. Tatsächlich stehen laut Abiove lediglich 58 Prozent der rund 110 Namen auf der privaten Boykottliste gleichzeitig auf der staatlichen.

Es werde noch lange dauern, bis der brasilianische Staat die Einhaltung des Waldgesetzes effizient kontrollieren könne, erklärt Salge weiter. „Dazu müssten erst einmal alle Farmen registriert werden. Davon sind wir weit entfernt.“

Den geringen Sojaanteil auf den neu gerodeten Flächen hält der Umweltschützer für einen Beleg, dass das Moratorium funktioniert hat – sonst wüchse viel mehr Soja, wo früher Regenwald war. Abiove wollte sich auf Anfrage der taz am Donnerstag nicht dazu äußern. Am Freitag wird der Verband unter anderem mit Greenpeace über das Thema verhandeln.

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