Brasilien gewinnt den Confed-Cup: Spektakuläre Neymar-Show

In nur zwei Wochen ist Neymar zum Alleskönner und Confed-Cup-Gewinner Brasilien zum Favoriten für die WM 2014 gereift.

Dominator beim Confed Cup: Jungstar Neymar. Bild: reuters

RIO DE JANEIRO taz | Dass Neymar da Silva Santos Junior zum besten Spieler des Confed Cups gewählt werden würde, hat am Ende niemanden überrascht. Bereits vor dem Finale war klar, dass die größtenteils brasilianischen Journalisten Brasiliens neue Nummer 10 favorisieren, auch wenn Spaniens Andres Iniesta über das gesamte Turnier vielleicht der bessere Spieler war.

Doch Neymar war der spektakulärere – und der entscheidende. Er hat das Turnier dominiert und geprägt, seit er in der dritten Minute des Eröffnungsspiels einen Halbvolley aus zwanzig Metern im japanischen Tor versenkte. Und Brasilien erwachen ließ.

Nach dem 3:0-Finalsieg gegen Spanien im bebenden Maracanã standen für den 21-jährigen brasilianischen Hoffnungsträger vier spektakuläre Tore, ebenso viele Torvorlagen und unzählige Übersteiger und Hackentricks zu Buche. Jeder seiner Treffer schien wie ein Fingerzeig gen Europa, wo man den Jungstar, der im Sommer zum FC Barcelona wechselt, nach einigen durchwachsenen Auftritten in Testländerspielen äußerst skeptisch beäugte.

Überragendes Arbeitszeugnis

Neymar zeigte zum Abschied in der Heimat das gesamte Repertoire seiner zuvor vor allem im Trikot des FC Santos zu bewundernden Künste. Während des Confed Cups gewannen brasilianische Offensivaktionen allein durch seine Beteiligung an Dynamik und Zielstrebigkeit. „Ich bin sehr glücklich über alles, was bei diesem Turnier passiert ist“, gab sich Neymar bescheiden, „ich verteidige auf dem Platz nur mein Land, meine Mannschaft und meine Familie.“ In zwei Wochen mauserten sich Neymar und Brasilien zum Favoriten für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr.

Dass der Jungstar auch im Finale zum besten Spieler gekürt wurde, zeigt, wie sehr der 21-Jährige in wenigen Momenten viel bewegt. Wenn der Superstar auf der linken Seite nur an den Ball kam und mit viel Platz auf seinen überforderten Gegenspieler Alvaro Arbeloa zulief, erhoben sich die frenetischen Zuschauer bereits erwartungsvoll von ihren Plätzen. Ein Traumtor, eine Torvorlage, drei weitere Großchancen vorbereitet und einen Platzverweis provoziert. So das überragende Arbeitszeugnis.

Arbeloa wurde zur Halbzeit erlöst und ausgewechselt, hätte aber auch schon nach einer viertel Stunde den Platz verlassen können. Als Neymar dem armen Rechtsverteidiger mal wieder bei einem schnellen Angriff entwischte, wusste sich dieser nur mit einem Griff an Neymars Oberkörper zu helfen. Vierzig Meter vor dem spanischen Tor eine klare Notbremse. Doch Neymar hielt sich verwunderlicherweise schmerzverzerrt den Knöchel, sodass Schiedsrichter Björn Kuipers es bei Gelb beließ. Diese Einlage wollte er nicht mit einem Platzverweis belohnen.

Provokateur Neymar

Auch das gehört zu Neymar: Bei seiner enormen Leichtfüßigkeit verliert er auf dem Platz gerne mal die Bodenhaftung. Schon länger gibt es gegnerische Proteste gegen seine Theatralik, Uruguays Kapitän Diego Lugano warnte vor dem Halbfinale gezielt vor Neymars Fallsucht. Als Antwort zog der gegen Uruguay eine besonders spektakuläre Flugshow ab und provozierte mit einem Handkuss.

Doch bei allem Hype um Neymar sollte man seine Mitspieler nicht vergessen. Torhüter Julio Cesar wurde im Verlauf des Turniers zum großen Rückhalt und zu Recht zum besten Torhüter des Turniers gewählt. Im Mittelfeld dominierte das mit großer physischer Präsenz spielende Duo Luiz Gustavo und Paulinho. Und bei seinen fünf Turniertreffern wies Angreifer Fred seine Kaltschnäuzigkeit und Abschlussstärke nach.

Patriotisch sprach Trainer Luiz Felipe Scolari nach dem Finalsieg, der den Brasilianern den Glauben in die Seleção zurückgab: „Jetzt werden uns die Gegner wieder mehr respektieren. Wir müssen stark sein, nicht nur im Fußball.“ Der Schulterschluss mit den Fans im Stadion und den Protestierenden vor den Stadien war ein Schlüssel des brasilianischen Erfolgs. Kaum vorstellbar, dass es Mannschaften gibt, die sich von der ohrenbetäubenden Stimmung, wie sie am Sonntag im Maracanã herrschte, nicht einschüchtern lassen.

Den Weltmeister überrannt

Auch Spanien wurde gerade in der Anfangsphase mit unbändigem Pressing und blitzschnellen Gegenstößen einfach überrannt. „Brasilien hat uns früh unter Druck gesetzt und mit vielen kleinen Fouls unser Spiel gestört und langsam gemacht“, analysierte Spaniens Trainer Vicente del Bosque.

Auch sonst lief beim Welt- und Europameister wenig zusammen. „Es war ein Spiel, bei dem uns einfach nichts gelingen sollte“, resümierte del Bosque. Zwei schnelle Gegentore in jeder Halbzeit, ein neben das Tor geschossener Elfmeter von Sergio Ramos, ein von David Luiz auf der Linie geklärter Schuss von Pedro sowie eine Notbremse von Gerald Piqué, der den bei einem Konter allein durchstartenden Neymar von den Beinen holte.

Die zuvor in 29 Pflichtspielen ungeschlagenen Spanier werden wie schon vor drei Jahren nach einem 0:4 gegen Portugal wohl wieder abgeschrieben. Die Mannschaft sei über den Zenit, wird es heißen. Aber sie wird zurückkommen. Und sie weiß nun, wie es ist, im Maracanã gegen Brasilien und mehr als 70.000 Zuschauer zu spielen.

Außerdem konnte bislang der Confed-Cup-Gewinner danach nie den WM-Titel gewinnen – in Brasilien weiß man das nur zu gut. Zuletzt folgten nach Turniersiegen 2005 in Deutschland und 2009 in Südafrika jeweils bittere Niederlagen im Viertelfinale der Weltmeisterschaften. Aber das waren keine Turniere in der Heimat und es gab noch keinen Neymar, der in Brasilien noch nie ein Länderspiel verloren hat und nun 40 Tore und Vorlagen in 39 Länderspielen vorweisen kann.

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