Bremer Logistik-Zentrum am Ende: Es hat sich ausgepackt

DHL hat dem einzigen Kunden des Bremer Logistik-Zentrums, dem Internethändler Amazon, gekündigt. 350 MitarbeiterInnen verlieren ihren Arbeitsplatz

Ein solches Paket kommt künftig nicht aus Bremen: DHL schließt Bremer Logistik-Zentrum Foto: dpa

BREMEN taz | Die 350 MitarbeiterInnen der DHL Home Delivery Bremen haben am Mittwoch erfahren, dass sie ihre Arbeitsplätze in dem Logistik-Zentrum verlieren. Viele von ihnen arbeiten bereits seit über 15 Jahren dort, jetzt fehlt aber ein Auftraggeber. „Die Belegschaft ist ohnmächtig. Wenn man vor den Kopf gestoßen wird, muss man das erst mal sacken lassen“, sagte Betriebsrat Jens Lüke. „Wir bedauern, dass die Geschäftsleitung nicht mehr Energie in Ersatzkunden gesteckt hat.“

Das DHL-Logistik-Zentrum in Bremen hatte genau einen Kunden – den Internethändler Amazon. Dieser Kunde ist nicht etwa abgesprungen, die DHL kündigte den Vertrag aus eigenem Antrieb. Die Konditionen des Online-Händlers waren zu schlecht. Oder wie es der DHL-Sprecher Markus Wohsmann im Gespräch mit der taz formulierte: „Wir haben keine wirtschaftlich vertretbare Grundlage für eine Weiterarbeit gefunden.“ Der Vertrag läuft zum 31. Oktober 2016 aus und die anschließende Abwicklung kann sich bis zum Februar 2017 hinziehen.

Die Schließung des Standorts kommt allerdings nicht wirklich überraschend: Nachdem das Logistik-Zentrum in Bremen 2013 seinen damaligen Hauptkunden Tschibo an einen Mitbewerber, die BLG Logistics Group, verloren hatte, „begann die kritische Lage“, sagte Sprecher Wohsmann. Und diese Lücke habe man mit Amazon als Kunden nur zum Teil kompensieren können.

Zu den Vertragsdetails will sich der Konzern bisher nicht äußern. Nach Informationen von Beschäftigten hat der Bremer Standort jedes Jahr fünf Millionen Euro Verlust gemacht.

Dennoch hatte die Bremer Geschäftsführung Ende 2015 laut MitarbeiterInnen noch die Hoffnung genährt, dass der Amazon-Vertrag verlängert werde. Das Gegenteil ist nun der Fall. Entsprechend mies ist die Stimmung bei der Belegschaft. „DHL hat sich verzockt“, sagte Thomas Warner von der Gewerkschaft Ver.di. Außerdem hätte DHL andere Auftraggeber nach Bremen verlegen können. Etwa von den Großstandorten Greven, Braunschweig und Staufenberg. Dort gebe es nach Gewerkschaftsinformationen viel Zeitarbeit, Stellen müssten bei der Verlegung von Kundenaufträgen also nicht abgebaut werden.

Immerhin machte die Konzernseite den 350 Bremer Beschäftigten klare Versprechungen: Im Interessensausgleich, den Geschäftsführung, Gewerkschaft und Betriebsrat ausgehandelt haben, wurde festgehalten, dass DHL allen MitarbeiterInnen Arbeitsplätze an den genannten Großstandorten anbietet. Denn an jenen Standorten wolle man keine Jobs abbauen, sagte Konzern-Sprecher Wohsmann. Das Angebot lautet: gleiche Arbeit für das gleiche Gehalt. Das Problem ist aber: Greven ist 160 Kilometer von Bremen entfernt, Braunschweig 180 Kilometer und das hessische Staufenberg gar 330 Kilometer.

„Natürlich kann nicht jeder per Fingerschnippen an einen dieser Standorte wechseln“, sagte Betriebsrat Lüke. Derzeit sind die Angestellten dazu aufgerufen, auf die internen Jobangebote zu reagieren. Sollten die MitarbeiterInnen aus Gründen der Zumutbarkeit das Angebot ablehnen, bietet der Konzern eine Weiterbeschäftigung im Raum Bremen-Oldenburg an, wie Sprecher Wohsmann versichert. Diese könnte dann in einem anderen Bereich des Post-Konzerns sein, etwa im Brief- oder Paketzentrum.

Jens Lüke, DHL-Betriebsrat

„Natürlich kann nicht jeder per Fingerschnippen an einen dieserStandorte wechseln“

Für die Belegschaft und den Betriebsrat ist das eher ein kleiner Trost. „Für die angeblich freien Arbeitsplätze in Bremen-Oldenburg gibt es keine feste Regelung“, sagte Lüke. „Die Arbeitsbedingungen sind ebenso unbekannt wie der Umfang einer möglichen Beschäftigung.“ Außerdem habe die Geschäftsführung gerade erklärt, dass solche „Garantien nicht ausgesprochen werden können, weil es keine derartigen Regelungen zwischen den verschiedenen Töchterunternehmen der Deutschen Post AG“ gebe.

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