Bremer Verkehrsentwicklung: Fahrräder erobern die Straße

Mit Radschnellwegen will Bremen Alternativen zum Auto attraktiver machen. Beim ersten Projekt gibt’s aber Streit um die Rückkehr der Radler auf die Straße.

Gleichberechtigt, aber nicht gleich stark: Radler und Autos auf der Rembertistraße. Bild: Michael Bahlo

BREMEN taz | Seit Beginn dieser Woche ist die Rembertistraße auch im Abschnitt zwischen Rembertiring und „An der Weide“ Fahrradstraße. Das ist keine Reverenz vorm dort wohnenden Ex-Bürgermeister Henning Scherf, der bundesweit ein Image als passionierter Fahrradfahrer pflegt, sondern ein kleiner Baustein in der Planung einer Radfahrer-Schnellroute zwischen der Universität und der City. In den Phasen des Berufsverkehrs am Vormittag und am späteren Nachmittag nutzen schon bisher vier Mal so viele Radfahrer die Rembertistraße als Autofahrer.

Die Nord-Süd-Verbindung soll eine erste Schnellroute werden, der grüne Verkehrspolitiker Ralf Saxe nennt als weitere Ziele die Verbindung von Huchting in die City und eine Ost-West-Verbindung von Hemelingen nach Gröpelingen. Solche Ziele nehmen sich geradezu bescheiden aus im Vergleich zu den Notwehr-Planungen gegen den Verkehrs-Infarkt, die in London diskutiert werden. Mehr als eine Milliarde Euro will Londons Bürgermeister Boris Johnson in den kommenden Jahren für den Radverkehr ausgeben, ein Netz von 220 Kilometern „Fahrradautobahn“ soll in einer zweiten Ebene über dicht befahrene Straßen und S-Bahn-Trassen aufgesetzt werden. Über Rampen und Aufzüge sollen die Radfahrer auf die „SkyCycles“-Bahnen kommen, während unten die Menschen im Stau verzweifeln.

Bremen will sinnvoll planen, bevor alles zu spät ist wie in London, sagt der Sprecher des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV), Martin Stellmann. Und Bremen hat früh mit der fahrradfreundlichen Politik begonnen: Hier wurde die Möglichkeit erfunden, gegen die Richtung einer Einbahnstraße zu radeln und auch die roten Radwege. An die Radwege haben sich die meisten Verkehrsteilnehmer schon so gewöhnt, dass die Möglichkeit, auch auf der Straße zu radeln, kaum genutzt wird – nur wo die runden, blauen Radwegeschilder stehen, ist die Nutzung des Radweges Pflicht. Wobei auf vielen Straßenzügen die Radwege unsicherer sind, wie die Unfall-Statistiken zeigen, die Politik der Verkehrsplaner ist daher: Räder zurück auf die Straße.

Auf den Radrouten sollen Hindernisse, die eine einseitig „autogerechte“ Verkehrsplanung für ein schnelles Vorankommen entstehen ließ, abgetragen werden. Am Jan-Reinders-Weg waren das zum Beispiel schlechte Ampelphasen. Am Rembertiring schaffen es bis heute nur Radfahr-Profis, mit einer Grün-Phase beide Fahrbahnen legal zu überqueren. Die Uni-Route soll über die H.-H.-Meier-Allee führen, auf der Radfahrer heute schon die (reparaturbedürftigen) Radwege nicht nutzen müssen. Die Wachmannstraße ist schon Fahrradstraße. Am „Stern“ soll der Abstand von Auto-Streifen und Radweg etwas vergrößert, der Radweg durch weiße Linien deutlicher abgegrenzt werden. Zu Debatten im Beirat hat kürzlich die Parkallee geführt. Eigentlich ist die Fahrbahn dort zweispurig und also breit genug, die Anwohner haben sich allerdings daran gewöhnt, auf einem Fahrstreifen illegal zu parken. Die örtliche CDU hatte sich dafür eingesetzt, das weiter zu ermöglichen – und dafür die Variante „Fahrradstraße“ neu ins Gespräch gebracht. Das ASV hatte in seinen ursprünglichen Varianten den teuren Rückbau der Radwege für eine Modell Fahrradstraße eingerechnet – darauf soll nun verzichtet werden. Eine offizielle „Fahrradstraße“ würde auch das Problem am Remberti-Tunnel lösen.

Über die Rembertistraße kommen die schnellen Radler dann zum Kennedy-Platz – und da ist vorerst das Ende erreicht für alle, die nicht ins Viertel oder zum Finanzamt abbiegen wollen. Wie ein Rad-Highway über die Bischofsnadel die City erreichen könnte, dafür fehlt dem Politiker Saxe genauso die Phantasie wie den Fachleuten aus dem Amt.

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Heiko Strohmann, kritisierte – anders als die Stadtteil-CDU – die Maßnahme grundsätzlich mit dem Verweis auf die Kosten – offenbar ohne zu ahnen, dass der Bund sie zu 75 Prozent übernimmt.

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