Bremer Vonovia-Wohnungen: Heuschrecke sucht Sündenbock

Die Vonovia will weniger modernisieren und macht dafür ihre Mieter*innen verantwortlich, weil die gegen horrende Erhöhungen protestierten.

Eine Heuschrecke sitzt auf einer Scheibe.

Scheut Modernisierungen: Eine Heuschrecke namens Vonovia Foto: dpa

BREMEN taz | Der Bremer Erwerbslosenverband (BEV) kritisiert die Vonovia für ihre Wohnraum- und Sanierungspolitik. Das Unternehmen will seine Investitionen in energetische Modernisierungsmaßnahmen um rund 40 Prozent kürzen. Damit reagiert es auf Proteste seiner Mieter*innen. Rolf Buch, Chef der Vonovia, beklagte diese Entscheidung im Weser Kurier als Rückschlag für den Klimaschutz.

Investitionen von rund einer Milliarde Euro plante die Vonovia zuletzt für die Sanierung. Kosten, die auf die Mieten betreffender Gebäude umgelegt werden sollen. Dass diese nicht unerheblichen Kostensteigerungen für das zumeist geringverdienende Mieter*innenklientel der Vonovia problematisch sein könnte, thematisiert Buch allerdings nicht.

Genau das kritisiert der Erwerbslosenverband, der Stammtische zur Beratung für Mieter*innen von Vonovia organisiert. Im Einzelfall bedeuten die Mehrkosten, so Herbert Thomsen vom BEV, dass die Kaltmiete die Obergrenze an Kosten übersteige, die das Amt für Sozialhilfeempfänger*innen übernimmt. Die bekämen dann vom Amt ein blauen Brief mit der Bitte, Mietkosten zu mindern und umzuziehen.

Proteste von Mieter*innen sorgten für die Verringerung der Investitionssumme von Vonovia um gut 40 Prozent. „Es nutzt nichts, wenn die Leute das nicht wollen“, sagt Buch über energetische Sanierungen, an die Vonovia Mietsteigerungen knüpft. Er schiebt damit die Verantwortung für die Sanierungseinschränkungen auf die Mieter*innen ab und bezeichnet das als Rückschlag für den Klimaschutz.

Herbert Thomsen, Bremer Erwerbslosenverband

„Wenn sich Einzelne mit Anwalt gegen die Schikane wehren, lachen sich die bei Vonovia nur eins ins Fäustchen“

Dass es bei den Sanierungen überhaupt nur um Klimaschutz gehen soll, glaubt Thomsen nicht: „Wären es nur Dämmungen, wären die Sanierungen ja im Sinne aller Mieter*innen.“ Stattdessen verkaufe Vonovia weitere bauliche Maßnahmen unter dem Titel energetischer Modernisierung mit. Der Aufschlag auf die Kaltmiete sei dann so hoch, dass er sich nicht mehr die Waage mit der erzielten Energieeffizienz halte – „die Mieter*innen zahlen dann viel mehr Kaltmiete als sie etwa Einsparungen bei Heizkosten haben.“ Auch der Deutsche Mieterbund kritisiert das.

Die Vonovia ist derzeit die größte Vermieterin Deutschlands. Ihr gehören 400.000 Wohnungen, 12.000 davon allein in Bremen. Dabei sieht das Unternehmen seine Verwurzelung im „gemeinnützigen Wohnungsbau“, so heißt es zumindest auf der Website. Der Zusammenschluss der Deutschen Annington Immobilien AG und der Gagfah (Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten) gründete 2001 die Vonovia. Die gemeinnützige Ausrichtung der Mutter-Unternehmen sei der Grund, „guten und bezahlbaren Wohnraum“ schaffen zu wollen.

Dass die Vonovia das tatsächlich auch umsetzt, bezweifeln nicht zuletzt ihre Bremer Mieter*innen, die schon jetzt unter den Mieterhöhungen leiden. Durchschnittlich sieben Prozent der Kosten verschiedenster energetischer Maßnahmen wurden bislang auf die Miete umgelegt, das sind bis zu drei Euro pro Quadratmeter im Monat. Zudem sind in der Vergangenheit häufig zweifelhafte Nebenkostenabrechnungen bekannt geworden. Einige Mieter*innen klagten bereits erfolgreich gegen das Unternehmen.

Die BEV versucht nun weiter, die Mieter*innen zu mobilisieren und zu vernetzen. Deswegen organisiert sie auch die kollektiven Stammtische in betroffenen Wohnkomplexen. Thomsen sagt: „Wenn sich Einzelne mit Anwalt gegen die Schikane wehren, lachen sich die bei Vonovia nur eins ins Fäustchen. Die denken: einer hat’s gemerkt – aber den Rest haben wir rasiert.“

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