Brüchige Waffenruhe in Syrien: Gegenseitige Beschuldigung

Von Waffenstillstand keine Spur: Kurz vor der Ankunft von UN-Militärbeobachtern gehen die Gefechte in mehreren Orten des Landes weiter.

Waffenruhe sieht anders aus. Aus einem youtube-Video, das Homs am Sonntag zeigen soll. Bild: dpa

BERLIN taz | In Syrien erscheint die Waffenruhe immer brüchiger – obwohl die UNO am Wochenende beschlossen hat, Militärbeobachter in das Land zu schicken. Am Sonntag begannen Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten erneut, mehrere Viertel der Protesthochburg Homs zu bombardieren. In Siedlungen von Qusair, Qarabees, Bayyada und Khalidiya sollen die Granaten teilweise im Minutentakt gefallen sein. Überwachungsflugzeuge kreisten über der Stadt, immer wieder waren laute Explosionen zu hören. Landesweit wurden mindestens neun Menschen getötet.

Erst am Samstag hatte der UN-Sicherheitsrat einstimmig die Resolution 2042 verabschiedet. Sie sieht vor, umgehend ein Erkundungsteam aus bis zu 30 unbewaffneten Militärbeobachtern zu entsenden. Später soll das Mandat 250 Beobachter umfassen. Syrien wird aufgefordert, ihnen ungehinderten Zugang zu gewähren. Das Papier droht außerdem „weitere Schritte“ an, sofern sich das Regime nicht an seine Zusagen hält. Die Resolution verurteilt zusätzlich „die weit verbreiteten Menschenrechtsverstöße der syrischen Behörden ebenso wie die Menschenrechtsverletzungen vonseiten der bewaffneten Gruppen“.

Zwei frühere Resolutionsentwürfe waren in den vergangenen Monaten am Veto Moskaus und Pekings gescheitert. Diesmal sträubte sich Russland zunächst gegen einige der Forderungen. „Wir müssen all das herausstreichen, was für diesen besonderen Zweck nicht wirklich nötig ist“, hatte Moskaus Botschafter Witali Tschurkin vor der Abstimmung vor Journalisten gesagt.

Umstritten war vor allem, wie frei sich die Beobachter bewegen dürfen. Kofi Annan hat dafür in seinem Sechspunkteplan, der vergangene Woche in Kraft trat, klare Formulierungen durchgesetzt. Dabei berücksichtigte er Erfahrungen einer anderen Gruppe von Beobachtern, die Anfang des Jahres von der Arabischen Liga nach Syrien gesandt worden waren. Sie wurden so stark behindert, dass ihre Mission schließlich scheiterte.

Politischer Dialog

Nach kleineren Zugeständnissen gelang es schließlich, Russland zum Einlenken zu bewegen. Die Resolution fordert von beiden Seiten, sich nicht nur an die Waffenruhe zu halten, sondern auch einen politischen Dialog zu beginnen.

Botschafter Witali Tschurkin äußerte sich im Anschluss zufrieden. Nach den sprachlichen Änderungen sei der Entwurf ausgewogener und spiegele die Realität in Syrien besser wieder.

Doch neue Gewalt am Wochenende stärkte die Zweifel an der Aufrichtigkeit von Präsident Baschar al-Assad: Allein am Tag der Abstimmung im Weltsicherheitsrat wurden landesweit 14 Tote gemeldet. Nicht nur in Homs soll das Militär seine Offensive wiederaufgenommen haben; in der nördlichen Stadt Aleppo eröffneten die Regierungstruppen Berichten zufolge das Feuer auf die Gäste einer Begräbniszeremonie. Regierung und Opposition warfen sich gegenseitig vor, die Vereinbarungen gebrochen zu haben.

Am Sonntag sollen Aufständische in Aleppo eine Polizeistation überfallen hatten. Für einen Abzug des Militärs aus den Städten gibt es nach wie vor keine Anzeichen. „Ich weiß nicht, von welchem Waffenstillstand die Leute reden“, meint Abu Saad, ein Aktivist aus dem Ort Khan Sheikhoun zwischen den Städten Hama und Idlib. „Sie schießen auf Demonstranten, sie bombardieren die Siedlungen. Wir hoffen nun, dass uns die UN-Beobachter vor diesem wahnsinnigen Regime beschützen werden.“ Die Staatsmedien indessen machten erneut „bewaffnete Terroristen“ für die Gewalt verantwortlich.

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