Brüsseler Lobbyismus: Konzernjob für Viviane Reding

Die einstige EU-Justizkommissarin arbeitet nun auch noch für Agfa. Auch ihr Ex-Chef José Manuel Barroso findet eine neue industrienahe Beschäftigung.

Viviane Reding: Flotter Wechsel in die Wirtschaft Bild: dapd

BRÜSSEL taz | Neues von der alten EU-Kommission: Zwei ihrer prominentesten Mitglieder, Ex-Kommissionschef José Manuel Barroso und die frühere Justizkommissarin Viviane Reding, haben einen Job in der Wirtschaft gefunden. Reding hat einen Ruf in den Aufsichtsrat des belgischen Konzerns Agfa-Gevaert angenommen, Barroso hält Vorträge und organisiert Konferenzen für das „World Economic Forum“ in Davos.

Beide Tätigkeiten wurden von der mächtigen Generalsekretärin der Kommission, Catherine Day, abgesegnet. Die Irin zieht schon seit 10 Jahren die Strippen in der Brüsseler Behörde, EU-Insider halten sie für mächtiger als Barroso-Nachfolger Jean-Claude Juncker, der seit November im Amt ist.

Day entschied, dass Redings neue Nebentätigkeit bei Agfa nichts mit ihrem Kommissionsjob zu tun habe – und daher nicht genehmigungspflichtig sei. Das extra für solche Fälle eingesetzte Ethikkomitee müsse nicht angerufen werden, heißt es in einem internen Schreiben vom 5. Dezember, das der taz vorliegt. Die Selbstkontrolle, der sich die Kommission gern rühmt, wurde in diesem Fall also umgangen.

Zuvor hatte die Kommission bereits zwei weitere Nebentätigkeiten von Reding genehmigt – für die deutsche Bertelsmann-Stiftung und den belgischen Rohstoffkonzern Nyrstar (die taz berichtete). Einzige Bedingung: Reding darf 18 Monate weder für Bertelsmann noch für Nyrstar Lobbying betreiben – jedenfalls gegenüber der Kommission.

Von einem Lobbyverbot gegenüber EU-Parlament oder -Ministerrat war keine Rede. Und das, obwohl Reding nun als EU-Abgeordnete arbeitet, im Handelsausschuss sogar eine wichtige Funktion ausübt. Ein Parlamentssitz und drei Nebentätigkeiten: Für die Lobbykritiker geht das entschieden zu weit. „Ehemalige Kommissare sollten nicht das Recht haben, innerhalb weniger Monate die Seiten zu wechseln und anstelle von 500 Millionen Europäern die Interessen von privaten Konzernen zu vertreten“, heißt es in einem Statement von „Corporate Europe Observatory“.

Die Initiative spießt auch die neue Nebentätigkeit von Barroso auf. Zwar sei sein Job in Davos ehrenamtlich – wie eine Tätigkeit für den „European Business Summit“, der als Lobbygipfel gilt. „Wirtschaftsnähere Partner hätte sich Barroso kaum aussuchen können“, ätzen die Experten von CEO.

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