"Bud Spencer"-Tunnel in Schwaben: Ein Filter für ein Halleluja

Schwäbisch Gmünd wollte einen Tunnel nach dem Italowestern-Haudrauf benennen. Der ernste Hintergrund: Die Abgase aus dem Bau werden einfach in die Luft geblasen, wie überall.

Nein, hier gibt's diesmal keinen Bud Spencer zu sehen, sondern nur den schwäbischen Tunnel im Bau. Bild: dpa

STUTTGART taz | Saubere Luft ist für Michael Straub das A und O. Er leitet die Heilpflanzengärten der Firma Weleda, die ihr Geld mit Arzneimitteln und Naturkosmetik verdient. Vor 52 Jahren wurden die Gärten in Schwäbisch Gmünd angelegt, eben weil die Luft dort so sauber war. Doch nun müssen Straub und alle anderen Bürger um ihr wertvolles Gut bangen. In Schwäbisch Gmünd wird ein Tunnel gebaut, dessen verdreckte Luft durch einen Kaminschacht in den Himmel gepustet werden soll. Eine saubere Lösung will niemand bezahlen.

Berühmt geworden war der Tunnel in den vergangenen Wochen, als sich eine Facebook-Gruppe dafür stark gemacht hatte, den Tunnel nach dem Schauspieler Bud Spencer zu benennen. Mittlerweile hat der Gemeinderat beschlossen, dem Tunnel einen regionalen Namen zu verleihen. Obwohl in einer Online-Abstimmung 114.542 Menschen für einen "Bud-Spencer-Tunnel" stimmten, zweitplatziert war abgeschlagen "Erwin-Rommel-Tunnel" mit 1101 Stimmen. Dafür soll nun das Freibad der Stadt nach Bud Spencer benannt werden, weil er dort im Jahr 1951 einen Wettkampf als Schwimmer bestritt. Der heute 81-jährige Spencer findet die Idee gut. Der Tunnel wiederum soll ab Ende 2012 die Stadt, die direkt an der B29 liegt, vom Durchgangsverkehr entlasten.

Bevor der Tunnel gebaut wurde, hat es Luftmessungen gegeben, die eine enorme Feinstaubbelastung der Stadt nachgewiesen haben. "Jetzt sammelt man den Dreck im Tunnel und verteilt es durch den Kamin wieder großzügig", sagt Straub. Das sei keine Politik, die in die Zukunft trage.

Straub sorgt sich nicht nur um seine über 400 Pflanzenarten, sondern auch um die Gesundheit der Anwohner. "Was da alles rauskommt, können wir nur vermuten. Fest steht: Der Kamin zieht sämtliche Schadstoffe hoch, wie die Abgase der Autos oder etwa den Abrieb der Reifen." Was das genau für die Firma Weleda bedeuten könnte, mag Straub noch nicht bewerten. Die Gärten zu verlegen sei nicht möglich. Mit einer Bürgerinitiative setzt sich Straub deshalb für den Einbau einer Filteranlage ein. Eine solche Anlage wurde zwar bislang noch nie in Deutschland eingebaut, doch ein ausgereiftes Konzept läge vor.

Bernd Müller beschäftigt sich seit 15 Jahren beruflich mit der Luftreinhaltung in Industriefirmen. Vor fünf Jahren hat er sich überlegt, ob eine derartige Anlage nicht auch für den Straßentunnel machbar wäre. Mit finanzieller Unterstützung hat er eine Studie erstellen lassen und sogar auf eigene Kosten eine kleine Versuchsanlage im Fellbacher Tunnel nahe Stuttgarter gebaut.

Der Bund muss zahlen

Laut Müller würde die Anlage drei Millionen Euro kosten - ein Bruchteil von den 230 Millionen Euro, die der gesamte Tunnelbau kostet. Zudem, so ist Müller überzeugt, wäre das Geld schnell wieder reingeholt. Denn der Filter würde die Betriebskosten für den Kaminschacht um etwa die Hälfte reduzieren. Statt eine Million Euro im Jahr würden dann nur noch 500.000 Euro jährlich anfallen, sagt Müller. Die Turbinen für den Luftaustausch könnten weniger laufen, weil die Luft ja bereits sauberer wäre.

In anderen Ländern seien solche Tunnelfilter längst üblich. "Nur in Deutschland gibt es kein Geld dafür", sagt Müller. Der Filter sei sowohl energiesparend als auch gesundheitsfördernd. "Ein Argument gegen den Filter habe ich bisher noch nicht gehört."

Auch Straub sagt: "Es sind alle für den Filter außer die, die ihn bezahlen müssen." Das wäre das Bundesverkehrsministerium, das sich taz-Anfrage zum Thema nicht geäußert hat. Die neue grün-rote Landesregierung in Stuttgart verweist auf die Zuständigkeit des Bundes. Ein Sprecher des Landesverkehrsministerium sagte, man müsste erst nachweisen, dass ein Filter nötig sei. Dann könnte man entsprechende Forderungen an die Bundesregierung stellen.

In Berlin ist nach langer Vorlaufzeit immerhin das Forschungsministerium tätig geworden und hat in der vergangenen Woche eine Machbarkeitsstudie ausgeschrieben. Die Auseinandersetzung um den Tunnelfilter habe deutlich gemacht, dass es im Zusammenhang mit der Entlüftung langer Tunnel grundsätzliche Fragestellungen gibt. Damit bestünde die Möglichkeit, in Schwäbisch Gmünd eine Pilotanlage bauen zu lassen. Der derzeitige Bau kann auch später mit einem Filter nachgerüstet werden.

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