Bürgerkrieg in Syrien: Diplomat für Menschenrechte gibt auf

Der syrische UN-Diplomat für Menschenrechte ist zur Opposition übergelaufen. Aus Aleppo sind Videos aufgetaucht, die angeblich von Rebellen begangene Gräueltaten zeigen.

Kämpfer der Freien Syrischen Armee in Aleppo. Bild: reuters

BEIRUT/GENF/DAMASKUS afp/dpa | Ein syrischer Diplomat am UN-Sitz in Genf ist zur Opposition übergelaufen. Der Erste Sekretär Danny al-Baaj, der das Regime von Präsident Baschar al-Assad beim UN-Menschenrechtsrat vertreten hatte, bestätigte am Montag entsprechende Angaben der Schweizer Tageszeitung Le Temps. Er habe seinen Rücktritt am Freitag auf einer syrischen Website bekanntgemacht und dem Geschäftsträger Syriens in Genf mündlich mitgeteilt, sagte Al-Baaj.

Der Diplomat war in der syrischen UN-Mission zuständig für das Ressort Menschenrechte. Syrien ist derzeit nicht Mitglied des 47 Staaten umfassenden UN-Menschenrechtsrates, die Mitglieder werden für jeweils drei Jahre gewählt. Damaskus wird jedoch als betroffene Konfliktpartei stets angehört, wenn der Rat über die Entwicklung im syrischen Bürgerkrieg berät.

Das Gremium - ein Unterorgan der UN-Generalversammlung - hat das Assad-Regime bereits mehrfach wegen Menschenrechtsverletzungen gerügt. Zuletzt sprach sich der Rat im Juli in einer Resolution dafür aus, dass alle Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien strafrechtlich verfolgt werden.

Der UN-Diplomat erklärte, er habe schon vor einiger Zeit Kontakt mit einer syrischen Oppositionsgruppe aufgenommen und seinen Seitenwechsel vorbereitet. „Ich habe gespürt, dass ich meinem Land nicht mehr auf der Regierungsseite dienen kann“, sagte Al-Baaj. Er hoffe, dass der Menschenrechtsrat weitere Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte in Syrien ergreife.

Videos von Gräueltaten

Video-Aufzeichnungen von in Syrien begangenen Grausamkeiten haben am Montag die Aufständischen in Misskredit gebracht. Die im Internet verbreiteten Videos, deren Entstehungsbedingungen nicht sofort aufgeklärt werden konnten, zeigen unter anderem, wie einem gefesselten Mann mit verbundenen Augen die Kehle durchgeschnitten wird und wie eine Menschenmenge „Allahu Akbar“ („Gott ist der Größte“) ausruft, während von einem Dach die Leichen mutmaßlicher regierungstreuer Kämpfer geworfen werden.

„Wenn sich diese Videos als echt herausstellen, werden die Grausamkeiten der Revolution schaden“, sagte der Direktor der Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, Rami Abdel Rahman.

Die drei am Montag aufgetauchten Videos zeigen offenbar ausnahmslos Vorfälle aus der Provinz Aleppo, in der sich die Regierungstruppen und die Aufständischen in den vergangenen Wochen heftige Auseinandersetzungen lieferten. Die Szene, auf der zum Jubel der Menge Leichen von einem Dach geworfen werden, soll aus Al-Bab stammen.

Gefechte in Damaskus und Aleppo

Die syrische Armee hat am Montag mehrere Viertel im Süden der Hauptstadt Damaskus beschossen und ist erstmals auch in der Altstadt mit Razzien gegen die Opposition vorgegangen. Im Morgengrauen seien die Viertel Assali, Nahr Aische und Kadam sowie die südlichen Vororte Irbin, Artus und al-Tal beschossen worden, berichtete die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. In der Altstadt seien zahlreiche Menschen festgenommen worden, während anhaltende Schüsse zu hören gewesen seien.

Den Angaben zufolge wurden am Montagmorgen landesweit 15 Menschen getötet, darunter zehn Zivilisten und zwei Rebellen in Damaskus. Die Zahl der Toten am Vortag gab die Beobachtungsstelle mit 146 an, darunter 71 Zivilisten, 27 Rebellen und 48 Soldaten.

In der nordwestlichen Handelsmetropole Aleppo griffen die Aufständischen den Sitz des Militärgeheimdiensts und eine Kaserne im Westen an. Weitere Gefechte wurden aus den Städten Palmyra, Harasta und Deir Essor gemeldet.

Am Montag sollten in Saudi-Arabien Vertreter der 57 Mitgliedstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Mekka zu Beratungen über die Lage in Syrien zusammenkommen. An dem Treffen unter Vorsitz von Saudi-Arabiens König Abdallah sollte auch der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad teilnehmen. Während Saudi-Arabien ebenso wie andere sunnitische Golfstaaten die Rebellen unterstützen, steht Iran weiter an der Seite seines langjährigen Verbündeten, Syriens Präsident Baschar al-Assad.

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