Bürgerkrieg in Syrien: Erfolge von Russlands Gnaden

Assads Truppen haben mehrere von Rebellen kontrollierte Orte im Westen des Landes erobert – mit Hilfe der russischen Luftwaffe.

Ein Kämpfer trägt eine zusammengerollte Matratze

Assad-Kämpfer ziehen aus dem von ihnen eroberten Dorf Rabia ab. Foto: Reuters

BERLIN taz | Der russische Außenminister Sergej Lawrow brachte es auf den Punkt. Die Intervention Moskaus in Syrien habe „wirklich geholfen, die Situation im Land zu verändern“, sagte er nach der Eroberung der Stadt Scheich Miskin gegenüber der britischen BBC.

Noch im Dezember hatten Syrien-Experten zwar konstatiert, dass die russischen Luftangriffe, die am 30. September begonnen hatten, die Lage des Regimes in militärischer Hinsicht stabilisiert haben, jedoch ohne nennenswerte Geländegewinne zu erzielen. Nach Angaben des IHS Conflict Monitor konnten die Kräfte des Regimes zwischen dem 29. September und dem 11. Januar ganze 1,3 Prozent an Terrain gewinnen.

Doch dies hat sich im Vorfeld der Syrien-Verhandlungen in Genf, die für den 29. Januar angesetzt sind, geändert. Von Anfang an haben die russischen Bombardements darauf abgezielt, die militärische Präsenz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad entlang der Küstenregion und der wichtigsten Nord-Süd-Verbindung des Landes, abzusichern. Dementsprechend konzentrierten sich auch die jüngsten Kämpfe auf die Region im Westen des Landes.

Stadt mit strategischer Bedeutung

Scheich Miskin, das an einer Schnellstraße zwischen Damaskus und der Grenze zu Jordanien liegt, wurde am frühen Dienstagmorgen nach vierwöchigen Kämpfen von den Truppen des Regimes – Armee, Milizen, Hisbollah – und unterstützt von der syrischen und russischen Luftwaffe eingenommen. Scheich Miskin liegt an einem Verkehrsknotenpunkt. Wer die Stadt kontrolliert, verfügt zugleich über die Versorgungsrouten im gesamten Süden einschließlich Damaskus und Umgebung. Daher ist die Stadt von strategischer Bedeutung.

Scheich Miskin wurde seit Anfang 2014 von einer Koalition der Freien Syrischen Armee (FSA) und gemäßigten Rebellengruppen kontrolliert. Der Süden Syriens ist die einzige Hochburg solcher Verbände im ganzen Land, aber auch die Nusra-Front, der syrische Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida, ist hier präsent. In der Provinz Idlib, die von Anti-Assad-Gruppen gehalten wird, sind neben der FSA und der Nusra-Front zahlreiche islamistisch-salafistische Gruppen präsent.

Kurz vor der Eroberung von Scheich Miskin war es den Regimekräften am vergangenen Sonntag bereits gelungen, Rebellengruppen aus Rabia, dem letzten von ihnen kontrollierten Dorf in der Provinz Latakia, zu vertreiben, nachdem sie bereits zuvor das Dorf Salma und weitere Ortschaften erobert hatten. Die Gegend war seit 2012 in der Hand von Anti-Assad-Kräften, doch in den vergangenen Wochen hatten Armee und Milizen mit russischer Luftunterstützung die Rebellen zunehmend zurückgedrängt. Latakia ist die Heimatprovinz der Assads und in ländlichen Regionen mehrheitlich schiitisch, im Norden leben jedoch vorwiegend Sunniten.

54 Zivilisten bei Luftangriffen getötet

Die russische Rolle bei diesen Eroberungen wirft erneut ein Schlaglicht auf die Tatsache, dass es Moskau in erster Linie um die Absicherung der Macht von Assad und damit um die Bekämpfung gemäßigter Rebellengruppen geht. Weder in Scheich Miskin noch im Nordzipfel der Provinz Latakia ist der „Islamischen Staat“ (IS) präsent. Offiziell dient der russische Militäreinsatz der Bekämpfung der Dschihadisten.

Allerdings hat die russische Luftwaffe am Donnerstag nicht zum ersten Mal auch Stellungen des IS in der Provinz Deir ez-Zor im Osten des Landes und der Provinz Aleppo im Norden angegriffen. Dabei kamen nach Angaben des Syrischen Observatoriums für Menschenrechte 54 Zivilisten ums Leben. Die Regierung in Moskau streitet ab, dass bei den russischen Angriffen auch Zivilisten getötet wurden.

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