Bürgermeister zu Castor-Protesten: „Wir sollen hier eine Kröte schlucken“

Blockiert die CDU bald Castoren? Zur Not schon, sagt Philippsburgs Bürgermeister Stefan Martus. Er und sein Stadtrat wollen keine weiteren Behälter.

Hier stehen schon genug Castorbehälter, findet der Bürgermeister von Philippsburg. Bild: dpa

taz: Herr Martus, Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat angeboten, dass fünf Castorbehälter aus La Hague ins Philippsburger Zwischenlager gebracht werden könnten. Wie verhält sich Ihr Stadtrat dazu?

Stefan Martus: Der Stadtrat hat einstimmig beschlossen, in Sachen Castor einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

Was soll der unternehmen?

Der soll uns rechtlich begleiten. Und auf den Fall vorbereiten, dass tatsächlich ein Genehmigungsantrag gestellt wird, die fünf Castoren nach Philippsburg zu transportieren. Der Anwalt soll unter anderem Formulare für Einsprüche und Klagen vorbereiten, sodass dann sowohl Einwohner als auch die Stadt selbst unterzeichnen können.

Und wenn die Einsprüche und Klagen abgewiesen werden?

Wir denken dann auch über Demonstrationen und anderes nach. Allerdings ist das erst mal hinten angestellt. Aber falls alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und tatsächlich ein Castortransport stattfindet, werden wir uns mit zivilem Ungehorsam zur Wehr setzen.

45, CDU, ist seit 2005 Bürgermeister im baden-württembergischen Philippsburg. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Das AKW in seiner Stadt geht 2019 vom Netz.

Das Zwischenlager in Ihrer Stadt hat 152 Stellplätze, warum nicht noch ein paar Castoren mehr einlagern?

Jetzt neue Castoren aus fremden Kernkraftwerken einzulagern, wäre für uns ein enormes politisches Drama. Es geht ja auch um technische Unterschiede. Bei den Castoren aus La Hague handelt es sich um einen anderen Typ als bei den Philippsburger Behältern.

Wo sollen die Castoren aus La Hague denn hin?

Wir fordern, dass sie nicht auf die deutschen Standort-Zwischenlager verteilt werden. Die Belastung mit den abgebrannten Brennelementen aus dem Kernkraftwerk Philippsburg ist ohnehin schon da. Als das Zwischenlager beantragt und gebaut wurde, hieß es, dass dort nur Abfälle aus dem hiesigen Kraftwerk untergebracht werden. Dieser Kompromiss wurde nun aufgekündigt. Dazu kommt, dass für die Castoren aus Frankreich technische Dinge vorzuhalten wären, die in Gorleben schon da sind und nicht zusätzlich benötigt würden.

Sind Sie gegen die Suche nach einem neuen Endlager?

Nein, ich begrüße es, dass endlich ein Endlager im nationalen Konsens gesucht und gebaut werden soll. Aber wir sollen hier eine Kröte schlucken – und dagegen wehren wir uns. Dass die fünf Castoren im Zwischenlager Philippsburg gelagert werden sollen, damit sind wir nicht einverstanden.

Die Philippsburger leben seit Jahrzehnten mit der Atomkraft. Ist das kein Argument dafür, ihnen noch ein bisschen mehr zuzumuten?

Nein.

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