Bund und Länder streiten um Finanzierung: Ganztagsbetreuung verzögert sich

Ab 2025 sollte jedes Grundschulkind in Deutschland einen Ganztagsplatz bekommen können, so steht es im Koalitionsvertrag. Nun dauert es bis 2029.

Auf dem Foto sind drei Schüler*innen von hinten fotografiert, die vor einer Tafel sitzen

Etwa die Hälfte aller Grundschulkinder nutzt ein Ganztagsangebot Foto: Marcel Kusch/dpa

BERLIN taz | Der geplante bundesweite Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder soll ab 2025 stufenweise eingeführt werden. Das verkündete Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch nach der Ministerpräsidentenkonferenz. Bis zum Jahr 2029 solle der Rechtsanspruch dann jahrgangsweise aufsteigend umgesetzt werden, sagte Merkel.

Ab 2025 – so hatten es CDU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart – soll jedes Grundschulkind in Deutschland einen Ganztagsplatz bekommen können. Ziel der Bundesregierung ist es, an fünf Tagen die Woche jeweils eine achtstündige Betreuung anzubieten. Auch in den Ferien sollen die Kinder versorgt werden.

Bund und Länder streiten nach wie vor über die Finanzierung des Vorhabens. Nach Angaben von Angela Merkel wird sich damit erneut eine Arbeitsgruppe befassen. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) pocht auf eine schnelle Einigung, „sonst ist das Gesetz­gebungsvorhaben in dieser Legislatur nicht mehr zu schaffen“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

In den Ausbau des Ganztags investiert die Regierung 3,5 Milliarden Euro. Das reicht vielen Ländern nicht. „Der Bund stellt einmalig Geld ins Schaufenster und bleibt Nachhaltigkeit schuldig“, heißt es etwa aus dem sächsischen Kultusministerium. In Sachsen bestünden „erhebliche Investitionsbedarfe“: Einrichtungen müssten saniert und etliche Erzieher*innen eingestellt werden.

Länder fordern mehr Unterstützung

In Rheinland-Pfalz und Bayern ist die Stimmung ähnlich. Die Länder begrüßen den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, fordern aber vom Bund, sich auch an den laufenden Kosten zu beteiligen. Berlin und Thüringen hingegen sagten der taz, dass es nicht an ihnen scheitere, den Rechtsanspruch auf den Weg zu bringen.

Derzeit nutzt etwa die Hälfte aller Grundschüler*innen ein Ganztagsangebot. Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) erwartet, dass der Anteil im Jahr 2025 bei 79 Prozent liegen wird. Dann müssten 1,1 Millionen neue Ganztagsplätze geschaffen werden. Die Personalkosten für diese zusätzlichen Plätze einerseits und den Ausbau bereits bestehender Betreuungsangebote andererseits belaufen sich laut DJI und Bertelsmann Stiftung auf 5,3 Milliarden Euro – pro Jahr.

Um den Ausbau des Ganztags voranzutreiben, hat der Bund den Ländern bereits im Juli in einem ersten Schritt 750 Millionen Euro bereitgestellt. Das Geld kann aber bis heute nicht fließen, weil sich Baden-Württemberg als einziges Land weigert, die entsprechende Verwaltungsvereinbarung zu unterschreiben. Der Grund: Knapp 80 Prozent der Ganztagsangebote dort haben kommunale Träger und damit keine feste Ganztagsstruktur. Die Bundesregierung sieht die Qualitätsstandards bei diesen kommunalen Angeboten aber nicht gewährleistet und fordert deshalb, dass Baden-Württemberg sie unter Schulaufsicht stellt.

Das baden-württembergische Kultusministerium weigert sich jedoch: „Die Angebote haben einen hohen qualitativen Anspruch. Aus unserer Sicht ist die Qualität entscheidend und nicht die Frage der Trägerschaft“, sagte die Pressesprecherin der taz. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) verlangt von der Bundesregierung, auch jene Ganztagsangebote zu fördern, die unter kommunaler Aufsicht stehen.

Grundsätzlich begrüßt Baden-Württemberg das Vorhaben der Bundesregierung aber, allen Grundschulkindern einen Ganztagsplatz anzubieten. Der Bund müsse sich jedoch an den mit dem Rechtsanspruch verbundenen Betriebskosten beteiligen.

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